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Ausnahmezustand

Text: Buecherflocke

In Gedanken an die jüngsten Ereignisse stehe ich vor meinem DVD-Regal, und plötzlich schreit mir ein Film aus den Neunzigern geradezu ins Ohr, dass ich ihn gucken soll, Jim Sheridans "Im Namen des Vaters".

England Mitte der 1970er Jahre: Die IRA legt ihre Bomben inzwischen ohne die übliche Vorwarnung, und bei Anschlägen in London und Birmingham gibt es viele Tote und Verletzte. Im Eilverfahren beschließt die Regierung den "Prevention of Terrorism Act" und damit neue Befugnisse für die Polizei, darunter die Möglichkeit, Verdächtige eine Woche lang festzuhalten.
Das neue Gesetz wird vier jungen Iren zum Verhängnis, die mit den Verbrechen nichts zu tun haben, eher zufällig verhaftet und dann in der einen Woche Polizeigewahrsam so lange misshandelt werden, bis sie gestehen, für die letzten und schwersten IRA-Bombardements allein verantwortlich zu sein. In einer bizarren Gerichtsverhandlung kriegen alle lebenslänglich, und erst fünfzehn Jahre später kommen sie frei.

Was mir an dem Film gefällt, ist der Blick für Details: Dass die von der endlosen Gerichtsverhandlung gelangweilten Angeklagten ihren Anwälten heimlich Zöpfchen in die Perücken flechten. Dass vor der Verlesung der Urteile diskret eine Krankenschwester mit Erste-Hilfe-Koffer in den Gerichtssaal schlüpft.

Was mir an dem Film gefällt, ist das Schlußplädoyer eines Anwalts auf verlorenem Posten: Lassen Sie sich bei der Urteilsfindung nicht anstecken von der allgegenwärtigen Hysterie.
"Im Namen des Vaters" kam vor mehr als zehn Jahren raus, aber die allgegenwärtige Hysterie hätte auch heute locker ins Drehbuch gepasst – Verlängerung des Ausnahmezustands in Frankreich, Soldaten in den Einkaufsstraßen, Brüssel lockdown.

Ich will diesen Kriegszustand nicht, Einschränkung der Bürgerrechte, Ausgangssperren, Kontrollen für alle mit dunklen Augen.

Aber naja, vielleicht ist alles halb so wild.
Vielleicht werden Ausgangssperren unterschätzt. Zumindest kann man in Ruhe Filme gucken. Wer da Tipps braucht – ich weiß ein paar, die ziemlich gut sind.

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