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Kind?! Ja? Nein? Vielleicht?!

Text: LilaGreen

Ja, was will ich denn jetzt bloß? Ein Kind, zwei Kinder oder doch am besten erst gar kein Kind? Karriere oder Nachwuchs? Freiheit oder Familie? Oder geht vielleicht sogar beides auf einmal?



Lebensplan: Will ich überhaupt einen?

Die „Dreißiger“-Grenze lässt bei fast ausnahmslos jeder Frau den biologischen Wecker hell aufschreien. Kaum eine Freundin aus meinem näheren Umfeld kann sich derzeit der großen Sinnfrage rund um das Muttersein entziehen. Ja, ich weiß, ich habe gut reden und kann mich entspannt zurücklehnen. Ich habe das schon hinter mir. Glücklich und voller Stolz erfreue ich mich am wundervollsten Sohn der Welt und nach der Trennung wurde die Großfamilien-Planung ohnehin auf Eis gelegt.



Wenn ich ehrlich sein soll: Ich beneide euch nicht, ihr tollsten aller tollen Freundinnen. Tatsächlich sind es vielleicht 1 bis 2, für die das Thema Familienplanung bereits beschlossene Sache ist und der Weg dorthin völlig stressbefreit ausfällt. Bei allen anderen fehlt entweder die Zeit oder die Karriere untersagt private Pläne. Bei anderen fehlt der richtige Partner oder es gilt den falschen noch rechtzeitig durch einen Passenden zu ersetzen. Hinzu kommt, dass der Druck mit den Jahren rein vom punkto Fruchtbarkeit her nicht weniger wird. Bei mir war es seit Beginn meiner beruflichen Laufbahn beschlossene Sache, zugunsten des Jobs auf die Gründung einer Familie zu verzichten.



Kinderwunsch: Nicht immer ein leichter Weg

Und dann kam doch alles ganz anders: Von jetzt auf gleich zogen mich niemals vermutete Muttergefühle in ihren Bann und ich konnte mich nicht dagegen wehren. Wollte ich aber auch nicht. Bis zu diesem Zeitpunkt klappte so ziemlich alles in meinem Leben auf Anhieb und so ging ich natürlich auch davon aus, dass die Geschichte mit dem schwanger werden genauso schnell funktioniert. Falsch gedacht. Super falsch gedacht. Zum allerersten Mal in meinem Leben sagte man mir: „Also das wird in ihrem Fall nicht so einfach klappen, wie sie sich das vorstellen!“



Und das Schlimmste daran: Ich konnte nichts machen, nichts ändern, nichts selbst in die Hand nehmen. Stattdessen musste ich mich entspannen, Geduld haben. Horror! Was folgte waren knapp zwei Jahre Kinderwunschbehandlung bis ich mich nicht mehr in der Lage sah, dem ständigen Hormon-Chaos körperlich wie psychisch standzuhalten. Daraufhin legten wir eine Pause ein, ich machte mich auf die Suche nach einem Plan B und stellte mir die Frage: Wie kann mein Leben aussehen, wenn es mit dem Kind nicht klappt? Parallel musste ich einen Weg finden, für mich mit dem Gefühl klarzukommen, in meinen Augen versagt zu haben und als Frau nicht zu funktionieren. Und Zack, da passierte es! Ganz ohne Spritzen, Medikamente und wöchentliche Besuche in der Kinderwunschklinik – ich war schwanger.



Eltern werden, Paar bleiben

Mama und Papa werden klingt einfach, ist es aber tatsächlich nur selten. In Wahrheit gehört die Familienplanung und -gründung genauso wie das Aufrechterhalten dieser kleinen heilen Welt zu einer der größten Challenges unserer Generation. Ein Thema, das uns nahezu tagtäglich umtreibt, ob wir schon Nachwuchs haben oder nicht. Es ist nie leicht – ohne Kind nicht und mit Kind schon einmal gar nicht. Dabei möchte ich betonen, dass mein Sohn mein allergrößtes Glück ist, das wundervollste Geschenk überhaupt. Aber ich gehöre auch nicht zu den Müttern, die behaupten, es ist alles nur eitler Sonnenschein.



Insbesondere für unsere freiheitsliebende, unabhängige Generation ist das Elternsein eine große Aufgabe mit vielen Herausforderungen. Ein Kind bindet, man muss zurückstecken und viel geben. Natürlich bekommt man etwas so Wunderbares zurück, wie man es von keinem anderen Wesen auf dieser Welt jemals erhalten wird. Eine tiefe und authentische Liebe, die sich nicht in Worte fassen lässt. Aber die Aussage vieler Eltern „Das, was man von seinem Kind zurückbekommt, entschädigt für alle Entbehrungen“ kann ich für meinen Teil jetzt nicht so ganz unterschreiben. „Das ist alles nur Propaganda“, formulierte es mal ein guter Freund und liebevoller Vater mit schmunzelndem Blick.



Ganz bestimmt war ich auch ein bisschen zu naiv, als ich glaubte, ein Kind lässt sich mal eben „mir nichts, dir nichts“ mit einer zeitintensiven Karriere unter einen Hut bekommen. Alles, was es dazu braucht, ist tatsächlicher Wille. Dachte ich. Aber davon, dass der Spagat zwischen Nachwuchs und Job so unfassbar kräftezehrend ist, die schlaflosen Nächte einen an den Rand körperlicher Belastbarkeit treiben, das dass eigene Leben derart hinten ansteht und die Suche nach einem adäquaten Kita-Platz zum Höllenritt werden kann, hat mir im Vorfeld niemand gesagt. Ebenso wenig wurde mir von den Schuldgefühlen berichtet, die einen übermannen, wenn das eigene Kind wieder einmal das letzte ist, das am Nachmittag aus dem Kindergarten abgeholt wird. Oder davon, wie eine jahrelang eingespielte Partnerschaft auf den Prüfstand gestellt wird. Welch großer Einsatz nötig ist, sich als Paar nicht zu verlieren. Statt nur Mama und Papa auch Mann und Frau zu bleiben.

Ich bereue nichts!
Aber vielleicht war es auch gerade gut, das ich das alles vorher nicht wusste. Denn eines ist sicher: Ich bereue nichts. Rein gar nichts! Ich bin unsagbar dankbar für mein Muttersein und würde nichts anders machen. Auch und vor allem, wenn ich vorher gewusst hätte, was mich erwartet. Niemals würde ich auf dieses Glück verzichten. Und so habe ich mich in den letzten Jahren des Öfteren bei meinen Freundinnen rückversichert, dass ich aufgrund meiner Geschichte kein abschreckendes Beispiel für ihre Familienplanung bin. Dass ich sie nicht ungewollt in ihrem Zweifeln unterstütze. Zu meiner Beruhigung ist dem nicht so. Denn im Grunde rufe ich laut und mit Nachdruck: Kinder sind das tollste Geschenk der Welt!



Gleichzeitig ist ein Job, der Freude bereitet und einen erfüllt, unbezahlbar und ich kann nur jeder Frau raten: Genießt eure Mutterdasein und gönnt euch eine gewisse Auszeit (ich habe sie mir nicht genommen, was ich heute zum Teil sehr bereue). Aber bleibt unabhängig und haltet an eurem beruflichen Weg fest. Ja, beides zusammen ist möglich und machbar. Aber seid euch von Anfang an darüber bewusst, dass das Ganze kein Spaziergang ist. Emotional und körperlich kann euch die gewaltige Aufgabe, die mit der Vereinbarkeit von Job und Kind einhergeht, in kürzester Zeit an eure Grenzen bringen.



Kind & Karriere: Selbstbewusst Prioritäten setzen

Ich glaube, wenn ich mir im Vorfeld klarer über die Dimensionen des Mutterseins gewesen wäre, hätte ich früher Prioritäten gesetzt und vor allem die Anforderungen an mich nicht so unerreichbar hoch gesetzt. Leider ist es mir nicht gelungen, auf lange Sicht allem wie bislang 110 Prozent gerecht zu werden. Aber ganz ehrlich und unter uns gesagt: Ab und an auch mal nur 80 Prozent zu geben, ist mehr als legitim. Vor allem als frisch gebackene Mama. Wenn sich alle Beteiligten bereits im Vorfeld ein Stück bewusster darüber sind, was das Elternsein mit sich bringt und man sich rechtzeitig mit der geplanten Betreuungssituation befasst, lassen sich Kind und Karriere durchaus erfolgreich miteinander vereinbaren.






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