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Rotes Kleid

Text: HannahMariaMagdalena









Wenn ich die Augen aufmache, bin ich eingeschlossen von diesem weißen Raum. Nichts hasse ich mehr als dieses schwere Weiß, welches sich über mich legt wenn ich am späten Vormittag aufwache. Eigentlich wollte ich noch vor dem Morgengrauen aufstehen. Dieser große Leere Raum. Vollgestellt mit Dingen. Auf meinem Tisch ein halb leeres Glass. Russischer Erdbeervodka. Und daneben. Zigaretten in Regenbogenfarben. Das Weihnachtsgeschenk einer Freundin. Gestern Nacht habe ich auf ihren Anruf gewartet. Chaos. Ich sollte wieder Ordnung schaffen. Durch Umstellen des Zimmers. Neue Situationen schaffen. Getrocknete Sträuße voll von Rosen, mit Wäscheklammer, befestigt an einer langen Leine. Sie fangen an auseinander zu fallen.  Auf Zeitungspapier ein alter Schrank. Geschmückt mit kitschigen Blumenmuster. Irgendwo gefunden zwischen den Räumen eines türkischen Geschäftes. Frisch weiß Gestrichen. Und daneben die neu erworbene Lampe von Tiffany. Wo ich doch endlich ein Zuhause gefunden habe, waren wir auf der Suche nach neuen Möbeln. Und du fandest einen Kronleuchter und einen goldenen Käfig. Gemeinsam transportierten wir alles in der U bahn nach Hause.



Noch einmal schließe ich die Augen. Vielleicht ändert sich der Farbton meines Zimmers dann. Nichts. Langsam bewege ich mich Richtung Küche. Eine Tasse Kaffee, Eine halbe Avocado. Himbeeren aus dem Gefrierfach- vereistes Gefrierfach-, Schokostreusel und ein Topf voll von Quak.  Alles schläft noch.



Zu dritt sind wir hier. Eine Tänzerin, ein Mädchen mit langen roten Haaren und ich. Freunde, Familie. Und ich bin die jüngste von uns dreien.



Nächtelang kann sie tanzen- Alleine in ihrem Zimmer. Und manchmal bekommt sie Besuch. Mitten in der Nacht. Und sie klopfen dann an meiner Tür. Mit Steinen in der Hand. Mondsteinen. Durch meine Fenster kommt das Licht des Mondes. Das einzige Zimmer mit Sicht auf dem Mond. Auch ein Zelt hat sie sich in ihrem Zimmer gebaut. Manchmal trinken wir Wein im inneren aus Einmachgläsern. Ich erzähle von einseitiger Liebe, die ich eins mit nach Hause nahm. Und die noch in derselben Nacht wieder verschwand. Und essen schwarze Schokolade. Sonntags gibt es Kuchen. Kuchentag. Aber davon hat sie mir nur erzählt. Sonntags hatte sie immer Besuch. Sie haben sich gemeinsam eingesperrt. Tagelang. Sie tanzt auf den weißen Linien des Bodens. Und dann, wenn sie nicht schlafen kann. Und das kann sie meist nicht. Und wenn dann kein Besuch kommt, besucht sie mich. Weil sie denkt ich könnte sie verstehen. Als ihre Schwester. Sie versucht das Mädchen mit den roten Haaren zu meiden, wenn sie bei mir ist. Obwohl sie doch so viel Zeit miteinander verbringen. Und ich mich dann in ihrer Mitte unwohl fühle. Sie versuchen sich mit Lachen zu übertönen. Und ich bringe keinen Laut heraus.



Das Rothaarige Mädchen hat nichts außer einen Globus in ihrem Zimmer stehen. Doch ich glaube nicht an ihr Fernweh. Sie hat viel Zeit mit diesen Mann verbracht. Den auch ich nun heimlich treffe. Nur damit der Kreis sich schließt. Schließlich kann ich nicht verantworten, eine neue Figur in die Geschichte einzuführen. Zu kurz dafür.



Den ganzen Tag über renne ich im Kreis, bis die Farbe meines Schrankes trocknet. Betätige mehrmals, nur aus Lust und Laune, den Lichtschalte meiner Lampe. Bis es Abend wird und das letzte weiß des Schnees verschwindet. Mit Kugelschreiber versuche ich mein Gesicht zu malen . Immer und immer wieder. Festzuhalten. Es erst dadurch zu erkennen. Es ist wie als würde man ein Wort immer und wieder sagen. Bis es letztlich keinen Sinn mehr ergibt.



 Kleine Bilder sind es. Gemalt auf allem, was mir zwischen die Finger kommt. Draußen immer noch die Schreie der Kinder. Ein Spielplatz gleich vor meinem Haus. Lauter als die Straße auf der anderen Seite. So kommt es mir manchmal vor. Dahinter ein Maisfeld. Und dann ein Berg. Schloss. Letztes Neujahr habe ich versucht den höchsten Punkt zu erreichen. Aber ich kam nur bis zu einem Park. Dort blieb ich dann bis Mitternacht vorbei war. Ich fühlte mich so unglaublich erschöpft. Keinen weiteren Schritt wollte ich gehen. Deswegen fuhr ich mit dem Zug zurück.



Ich stocke zwischen den Zeichnungen meines Gesichtes. Schreie. Lachen. Aus einem der anderen Zimmer. Vorsichtig lege ich mein Ohr an die Tür. Öffne einen Spaltbreit. Ihr Gesicht. In einem Roten Kleid. Und Blut. Zwischen den Beinen. Aufgekratzt. Bevor sie mich sieht, schließe ich die Tür. Zum Glück habe ich Stoff vor das Fenster in der Tür gehängt. Angst. Vor diesem Mädchen? Meiner Freundin. Schwester? Kann ich die Tür verriegeln. Die letzte Zuflucht ist mein Schrank. Der mit Blumen bemalte Schrank. Angehaltener Atem. Sind das ihre Schreie, oder die der Kinder. Vielleicht hat sie nur Angst vor den schwarzen Ungeheuern, die manchmal versuchen sie zu verschlingen. In der Dämmerung.



Ein leises Klopfen. Einbildung. Und dann spüre ich unter mir. Einen Türknauf?. Und eine Treppe die nach unten führt. Weg von hier.



Aber dort. Wo ich ankomme. Ist nicht die Erde. Kein Keller.



Ich befinde mich in einer Gondel. Langsam schwankt sie. Bewegt vom Wind. Der höchste Punkt eines Riesenrades.



Unter mir die Nacht und eine Herde Dinosaurier.














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