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Zu jung

Text: DDtom
Zu jung, wir sind doch einfach zu jung. Ich bin 23, sie ist 24. Und unsere Beziehung ist zu jung. Wir sind doch erst ein Jahr zusammen.

Das ist das Fazit aus stundenlangen Diskussion. Ein Fazit das so gezogen wurde. Und die daraus folgende Handlung in die Tat umgesetzt werden muss. Muss, wir müssen.

Wir biegen links ab. Keine sehr feinde Gegend, aber tagsüber eben das Münchner Durchschnittsviertel. Sie kennt den Weg. Wir gehen kurz geradeaus. Händchenhaltend. Sie drängt mich links ab, in einen Innenhof. Wir bleiben stehen, ich will was sagen, sie will schweigen. Unsere Zungen berühren sich. Ist es Liebe?

Hinein. Ein seltsames Design, als wäre man im Urwald. Dschungelcamp? Ersatzreligion? Ich schweige.

Als wir uns setzen bereite ich meinen Monolog vor, der wäre: Ich liebe dich und ich glaube dass wir es schaffen können. Wenn du nicht willst, dass wir von Hilfen abhängig sind, lass ich mein Studium Studium sein und erhöhe mein Jobpensum von 25 auf 100 Prozent. Wir müssen ja nicht im Zentrum wohnen, ich glaube an uns, wir schaffen es, lass uns gehen.

Was würde dieser Monolog in ihr Auslösen? Freude? Gefühl des Angriffes? Ich schweige. Feigheit vor ihrer Reaktion, Feigheit vor den Konsequenzen. Eigentlich ist diese Lösung doch ganz einfach.

Will ich noch kurz reinkommen? Bis zur Einleitung der Narkose kann ich sie in den OP begleiten. Ich sage einfach Nein. Flucht. Ich warte nicht im Flur, ich gehe hinaus, gebe mit dem Nikotin hin. Einge gemütlich gerauchte Zigarette. 5 Minuten? Oder waren es 6 Minuten? 6 Minuten wie der Arzt gesagt hat, dass der Eingriff dauert?

Ich drücke ihre Hand. Sie wird auch geistig wach, hält sich wacker, im Gegensatz zur Frau auf dem Nebenbett die weint. Ich wusste, dass schaffst!

Zwei Wochen später haben wir Sex. Wir sind ein Paar. Wie immer, verliebt, glücklich. Und doch, es fehlt was, irgendwas fehlt.

 

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