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Text: keiNetz

„ ‚Ich habe nichts zu verbergen‘ ist ein Synonym für ‚Ich tue was man von mir verlangt‘ und damit eine Bankrotterklärung an die Idee des selbstbestimmten Individuums.“    -  Juli Zeh - 



 



„Ich habe nichts zu verbergen“ ist dennoch für viele das ultimative Argument, wenn es eigentlich um unsere ach so schützenswerte deutsche Privatsphäre geht. 



WIR können die besten Mauern bauen - Mauern, die unsere eigene kleine Welt vor den Blicken anderer schützt. Doch das simple Abkleben der Kamera des Laptops oder gar des Smartphones stellt scheinbar für viele einen unbewältigbaren Aufwand dar. Nun soll es hier allerdings nicht um diesen bloßen Akt des „Klebeband - Abreißens - und - auf - den - Laptop - pappens“ gehen. Der steht vielmehr exemplarisch für etwas Größeres. Der Einstellung, sich von niemanden in die Karten, die Wohnung, das Leben blicken zu lassen. 




Panopticon - beobachten sie mich? Wer beobachtet mich? Wann? Warum?



 



Jeremy Bentham entwarf mit dem Panopticon ein Gefängnis, das es einer Einzelperson ermöglichte, alle Insassen zu überwachen. Der Mensch in der Zelle weiß, dass er überwacht wird, aber nicht wann oder durch wen. Das beeinflusst sein Verhalten. Wer von uns würde schon an eine Wand urinieren, wenn er weiß: ich werde beobachtet. Und so tut man nur noch das, was der Beobachtende von einem direkt oder indirekt verlangt. Der Häftling versucht gar nicht erst auszubrechen.



Was passiert mit unserer Freiheit? Im Gegensatz zum Gefangenen haben wir sie. Aber leben wir sie wirklich aus, wenn wir wissen, dass da jemand ist der unsere Schritte sieht? Wie bewege ich mich im Netz? Wie bewege ich mich in der realen Welt, das Smartphone in der Tasche, das meinen Weg genau nachvollziehen kann? Und noch wichtiger: Wie äußere ich mich, wenn eine unsichtbare Eminenz über allem schwebt und uns beaufsichtigt. Es gibt viele Möglichkeiten sich ein bisschen abzukoppeln. Das ist manchmal schwierig doch oft auch so einfach wie einen Klebestreifen über die Kamera eines Gerätes zu kleben. Die technischen Möglichkeiten bestehen. Und man darf auch Dinge verbergen. Nicht weil sie negativ oder sogar „böse“ sind. Sondern vielleicht auch mal, weil sie einem wichtig sind oder einfach nicht für andere bestimmt. 



 



Klebt ab! Bevor euch jemand anderes den Mund abklebt. Klebt ab! Schützt die Freiheit, deren Wert man oft verkennt. Klebt ab! Bleibt wie ihr wirklich seid. 

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