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Warum (viele) Köche glücklich sind

Text: Volere

Nüchtern betrachtet ist das Kochen ein ziemlich beschissener Job. Schlechte Arbeitszeiten, lauter, stickiger Arbeitsplatz und über die Bezahlung braucht man gar nicht erst zu sprechen. Im Großen und Ganzen also kein Beruf, der sehr erstrebenswert ist. Trotzdem sind die meisten Köche die ich kenne, mit ihrem Job sehr zufrieden. Zumindest den Umständen entsprechend.  Ok die meisten Köche werden mir jetzt wiedersprechen. Sie werden meckern und schreien: Der Job soll mir Spaß machen? So ein scheiß! Ich hasse diesen Job. Und trotzdem werden sie morgen wieder arbeiten gehen. Mit Inbrunst werden sie ihren Berufsstand gegen Jeden verteidigen, der ihn auf welche Weise auch immer, schlecht machen will. Weil sie tief in ihrem Inneren wissen wieviel Spaß ihnen dieser Beruf macht. Wie befriedigend Er für sie ist.



Aber was macht die Arbeit in der Küche so Befriedigend? Ich habe mir während meines Studiums viele Gedanken zu dem Thema gemacht. Dabei ist eine Liste mit Punkten entstanden, von denen ich glaube, dass sie mit dafür verantwortlich sind, dass die Arbeit als Koch oft als so befriedigend wahrgenommen wird. Mir ist bewusst, dass diese Punkte nicht nur auf den Beruf des Kochs zutreffen, aber diesen kenne ich persönlich und kann es so auch am besten beschreiben.  Die folgende Liste enthält einige dieser Punkte.



  • Direktes eindeutiges Feedback. Noch Gnadenloser als der Küchenchef sind nur die Gäste.


  • Die Arbeit als etwas Sinnvolles wahrnehmen. Muttern hat gesagt: „werde Koch, hunger haben die Menschen immer.


  • Die Herausforderung. Das Phänomen, zu wenig anstatt zu viel Zeit, auf der Arbeit zu haben.


  • Vertrauen. Das Wissen, Fehler machen zu dürfen.


  • Teamarbeit und soziale Interaktion. Ja es ist ein Dreckshaufen, aber es ist mein Dreckshaufen.


  • Kreativität. Ein sehr großes Thema das ich noch öfter ansprechen werde.


Es gibt bestimmt noch mehr und falls jemandem weitere Punkte einfallen, darf er sie gerne in die Kommentare posten. Ich werde versuchen, die einzelnen Punkte, nach und nach abzuarbeiten und meine Gedanken dazu näher zu erläutern. Beginnen werde ich mit dem Punkt Feedback und mich in den nächsten Wochen (oder Monaten), weiter durch die Punkte arbeiten.



Direktes eindeutiges Feedback



Viele moderne Berufe haben das Problem, das sie sehr komplex sind. Der Einzelne, arbeitet oft an einem kleinen Teil von etwas Großem. Er selber bekommt das Endprodukt überhaupt nicht zu Gesicht. Andere Berufe wiederum, haben in diesem Sinne gar kein Endprodukt. Direktes Feedback findet so nicht statt.



Ein Koch bekommt immer direktes Feedback über seine Arbeit. Jedes Gericht das der Koch fertig stellt, ist direktes Feedback für ihn selbst. Spätestens wenn er es auf den Pass stellt und der Küchenchef ein kritisches Auge darauf wirft, bekommt er das zweite direkte Feedback. Ein weiteres und wahrscheinlich wichtigstes Feedback bekommt er vom Gast. Ok eigentlich vom Kellner, der es an ihn weiterleitet. Das letzte Feedback, welches aber eher indirekt ist, bekommt er durch den Umstand, dass bestimmte Gerichte häufig bestellt werden und der Laden insgesamt gut läuft. Das Besondere an dieser Art von Feedback ist, das sie nicht nur direkt sondern auch eindeutig ist. Der Gast oder Küchenchef, wird sehr genau sagen was ihm an dem Gericht gefällt, oder nicht gefällt. Die Information, dass ein Essen versalzen war, kann ich direkt beim nächsten Gericht anwenden und es besser machen. Ein Küchenchef der etwas auf sich hält, wird eh dafür sorgen, dass kein Gericht aus der Küche geht, das nicht seinen Ansprüchen genügt. Diese Feedbackschleifen führen auch zu diesem gewissen Stolz, den viele Köche mit ihrer Arbeit verbinden. Durch das ständige Feedback weiß ein Koch nach der Schicht genau, was er geleistet hat. Er kann und wird es aller Wahrscheinlichkeit nach auch, innerlich genau Nachzählen wie viel Kritik und wieviel Lob es an diesem Abend gab. Ein weiterer Vorteil dieses direkten Feedbacks ist, das nach der Schicht alles vorbei ist. Da der Küchenchef direkt in der Schicht sein Feedback gegeben hat und auch weiß, dass es beim Koch angekommen ist, kann der Koch mit einem einigermaßen reinen Gewissen nach Hause gehen. Woher der Küchenchef weiß das sein Feedback angekommen ist? Weil das Gericht nach dem Versalzenen, bestimmt perfekt abgeschmeckt war. Dieses ganze System von direktem Feedback, führt zu einem großen Maß an Vertrauen, innerhalb einer Küchencrew. Da jedes Mitglied weiß, das auf das eigene Fehlverhalten, direkt hingewiesen wird, braucht sich keiner Sorgen machen, dass er sich irgendwie Falsch verhält, ohne es zu merken. Da das Thema Vertrauen aber sehr komplex ist, werde ich dazu noch mal einen eigenen Text verfassen.



Zusammengefasst lassen sich also zwei Probleme beim Feedback geben erkennen. Oft wird Feedback zwar gegeben, aber entweder nicht direkt oder nicht eindeutig genug. Ein Feedback für etwas, das man vor einer Woche gemacht hat, bringt einem oft nicht mehr viel. Zumindest weitaus weniger als das direkte Feedback. Auch ein unklares Feedback bringt einem nicht viel. Mach es schöner, ist keine Information mit der man viel anfangen kann. Die genaue Aussage darüber, was mit „schön“ gemeint ist, dagegen schon.



Das soll es für heute gewesen sein. Ich hoffe der ein oder andere fand meinen Ausflug in die Arbeitspsychologie spannend und kann vielleicht etwas für sich selber daraus ziehen.



www.eatdrinkthink.de

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