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Zwischen Bandkarriere und Buchsbäumen

Text: Zeraphim
Irgendwie ist das mit dem Erwachsenwerden gar nicht so einfach. Ich habe das Gefühl, man liest auch kaum noch über etwas anderes. Als würde die „schreibende Generation“ nur aus jetzt-langsam-30-Werdern oder gerade-30-geworden-Seiern bestehen. Und sie alle fühlen sich irgendwie verwirrt. Wo man in der Pubertät „not a girl, not yet a woman“ ist, ist man anscheinend auch mit Ende 20 irgendwie eine Art „not a teenager, not yet an adult“. Oder wieauchimmer. Alle klagen sie darüber, dass sie hin und her schwanken – einerseits wollen sie die wilden Studenten-/Schul-/Ausbildungsjahre zurück, andererseits wollen sie auch erwachsen spielen.

Was mir persönlich jedoch dabei am meisten aufgefallen ist: Männer scheinen dieser Freiheitsliebe noch viel stärker zu unterliegen als Frauen. Zumindest in meinem Bekanntenkreis. Die Mädels werden langsam alle sesshaft. Sie wollen einen zuverlässigen, soliden und regelmäßig geldeintreibenden Mann, der mit ihnen zusammen sesshaft und möglichst verbindlich werden möchte. Deren jeweilige „Lebensgefährten“, wie man ja ab einem gewissen Alter sagt, ticken jedoch irgendwie in die anderen Richtung. Da heißt es, man solle sich unbedingt wieder öfter mit den „Jungs“ treffen. Man solle wieder mehr Party machen, sich hemmungslos besaufen (inklusive der obligatorischen „und dann lag er irgendwo zwischen den Fahrrädern in seiner eigenen Kotze“- Story) und eigentlich müsse man auch noch die ganze Welt sehen und noch mindestens 16 exotische Länder bereisen, bis man wirklich sesshaft werden könne. Und natürlich muss der lange gehegte Traum einer eigenen Band auch dringend noch verwirklicht werden. Ist das eure Angst vor dem Erwachsenwerden, Männer? Die Angst, dass all solche Dinge schlichtweg nicht mehr möglich sind, sobald man sich auch nur „erwachsen“ nennt? Glaubt ihr das wirklich?

Vielleicht driften Frauen und Männer da so auseinander, weil bei uns einfach die gute alte biologische Uhr ihren Senf dazu gibt. Ab 30 sinkt bereits die Fruchtbarkeit, ganz zu schweigen davon, wie es mit 35 aussieht. Aber ihr kommt da einfach nicht hinterher. Das ist wirklich unpraktisch!

Ich kann mich auch nicht davon frei sprechen. Klar, ich hab auch Lust, vielleicht zweimal im Monat ein bisschen was zu trinken. Aber anders geworden ist: Ich bevorzuge das gemütliche Trinken bei Freunden irgendwo zuhause, nicht mehr in der nach abgestandenem Bier riechenden Kneipe. Und klar, manchmal will ich auch die Arbeit schwänzen, will den alten Traum meiner Gesangskarriere wieder aufleben lassen oder 6 Folgen „Sailor Moon“ (kennt das noch jemand?) hintereinander gucken. Das sind dann meine Ausbrüche in alte Zeiten, vielleicht die letzten Zuckungen der Jugend. Aber der Trend geht klar in Richtung Erwachsenwerden. Ich will eine ordentliche Wohnung. Ich will einen kleinen Garten, in dem es am allerliebsten sogar eine Feuerstelle gibt. Ich will romantische Wochenenden auf Weihnachtsmärkten verbringen. Und ich will über Kindererziehung reden – wenn auch erstmal nur hypothetisch. Heißt das jetzt, dass quasi einer von beiden nachgeben muss? Oder lassen sich da Kompromisse finden? Zum Beispiel in Venezuela über Kindererziehung reden oder im eigenen Garten zwischen den Buchsbäumen in seiner eigenen Kotze liegen? Funktioniert das?

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