Therapiemotivation
„Eine Beziehung bedeutet immer in erster Linie Arbeit.“
„Man muss Kompromisse suchen, es hat nie einer ganz recht und einer ganz unrecht.“
„Das wichtigste ist, dass man konstruktiv mit Problemen umgeht und gemeinsam nach einer Lösung sucht.“
Ich bin Psychologin. Ich weiß nicht, wie oft ich diese Sätze schon gesagt habe. Sehr oft. Zu oft. Es gibt aber einen klaren Vorteil, wenn ich diese Sätze sage: Ein Paar, das mir in einer Therapiesitzung gegenüber sitzt und mir (im Idealfall) zuhört, bezahlt dafür, dass ich diese Sätze sage.
Mein Freund tut das nicht. Er wird wütend, wenn ich diese Sätze sage. Er sagt dann, dass es ihm egal ist, ob ich damit recht habe oder nicht, dass das alles auch nichts ändert. Mein Freund ist ein Patient mit sehr geringer Therapiemotivation. Jemand, der zwar das Problem anerkennt, vom Problem extrem genervt ist – aber absolut keine Lust hat, das zu ändern. Warum auch. Es ist ja sehr bequem, in so einem Problem. Man weiß, was los ist. Man weiß, wer schuld ist. Man weiß, was man alles nicht mehr will.
Man weißt überhaupt nicht, was man stattdessen will. Man weiß überhaupt nicht, wieso man nicht versucht etwas zu ändern. Man weiß überhaupt nicht, was genau denn da eigentlich geändert werden könnte. Und man weiß überhaupt nicht, wieso ich versuche zu reden statt mich auch in dieses Problem hineinzusetzen und darin zu leben. Mit all dieser Wut und dieser Resignation. Es ist doch so einfach. So einfach. Man weiß ja, woran man ist.
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„Eine Beziehung bedeutet in erster Linie Arbeit.“