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Todsünde 2 - Habsucht

Text: OutlawPete

Es ist gar nicht so lange her, vielleicht 5 Jahre.
Mein alter Vater lag im Sterben. Zeit seines Lebens war er ein erfolgreicher Unternehmer gewesen, hatte nach und nach alle Unternehmensteile verkauft, da weder mein jüngerer Bruder noch ich Interesse hatten dort einzusteigen und im Gegenzug eine Reihe von Immobilien im Rhein-Main-Gebiet erworben, einige
Penthouse-Wohnungen in München und Hamburg, dazu ein unverhältnismäßig großes Depot, ein Währungskonto mit Schweizer Franken und Gold. Mein Vater liebte die Sicherheit und war nie für wilde Spekulationen zu haben. Natürlich hatte er sein Testament schon lange im Vorwege gemacht und mir als seinem ältesten Sohn, der dazu noch Anwalt war, auch mitgeteilt wie sein Erbe aufgeteilt würde.



Drei Tage vor seinem Tod bat er mich, das Testament mit ihm noch einmal durchzugehen. Um es nicht zu kompliziert zu machen drücke ich jetzt einige juristische Sachverhalte mal umgangssprachlich aus. Alle Vermögenswerte waren in einem Anhang feinsäuberlich und durchnummeriert aufgelistet. Als Erben wurden ausschließlich mein Bruder und ich aufgeführt abgesehen von einigen unerheblichen Geldspenden an die Nordelbische Landeskirche, den Sportverein, in dem er über 50 Jahre Mitglied gewesen war und einige karitative Einrichtungen. Diese Spenden waren in einem 2. Anhang aufgelistet.



Jetzt kommt der Punkt. Vom entscheidenden ersten Anhang sollten mir die Positionen 1 – 69 und meinem Bruder die im Testament nur „nachfolgend“ genannten Positionen zufallen. Da ich den Anhang kannte wusste ich, dass die Wohnungen in Hamburg und München auf den Positionen 74 – 83 kamen. Dafür waren im ersten Teil alle Objekte im Rhein-Main-Gebiet aufgeführt.



Über der Lektüre schlief mein Vater ein. Da ich wusste mit welchem Federhalter mein Vater sein Testament aufgesetzt hatte und unsere Schriften starke Ähnlichkeiten aufwiesen setzte ich mich an den Tisch
und veränderte lediglich die 69 in eine 89. Noch am Abend kam der Notar meines Vaters und nahm das Testament wieder an sich.



Als mein Vater nur Tage später seiner schweren Erkrankung erlag und mein Bruder und ich zum Notar bestellt wurden eröffnete dieser uns gegenüber das Testament. Als mein Bruder bemerkte, dass er zwar
reichlich geerbt hatte, aber der größte Teil der Immobilien mir zugefallen war sagte er nur, dass der alte Herr immer ein Schurke gewesen sei, der ihm als Wissenschaftler nicht viel zugetraut, aber mir als Anwalt umso mehr vertraut hätte. Auf der anderen Seite hätte er ohnehin keine große Lust auf die Verwaltung von Wohnungen in mehreren Städten und den ständigen Ärger mit den Mietern, also sei das wohl die beste, wenn auch nicht fairste Lösung. Er hat nie wieder ein Wort darüber verloren.



Ich will nur, dass ihr wisst, dass ich diesen Entschluss zutiefst bereue, aber keine Chance mehr sehe, diesen zu begradigen. Gebe ich die Urkundenfälschung zu bin ich meine Zulassung als Anwalt los. Ich versuche, was natürlich nur halbherzig ist, seine Kinder sehr großzügig zu beschenken wann immer es geht, aber das macht die Sache nicht besser.

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