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Von maroden Geistern und Schadenfreude

Text: FlohKopf
Ich habe Probleme bei der Arbeit. Ich habe herausgefunden, dass meine Kollegen dumme Lästermäuler sind. Und sie lästern über mich. Ich wäre faul und langsam und sicherlich auch noch dumm und eklig oder was auch immer man so sagt, wenn man grade am Lästern ist. Ich habe mir gesagt, ist egal, da steh ich drüber, von Chefseiten kam jetzt nichts, was nach Kündigung roch und ist ja auch völlig wurscht, was die Leute reden.

Aber dann stand ich Donnerstagabend, nach meiner Meinung nach unrechtmäßigen Rügen während der Arbeitszeit, mitten in meinem Schlafzimmer und habe laut in ein T-Shirt geschluchzt. Ich wollte nicht getröstet werden und ich wollte nicht reden, ich wollte einfach nur weinen und weinen und weinen und am liebsten niemals mehr zur Arbeit gehen. Gestern habe ich mich zusammengerissen und es sah auch so aus, als würde es ein guter Tag werden, bis am Ende dann noch irgendein Kommentar fiel und meine einzige nicht bescheuerte Kollegin mir sagte, eben solcher Kommentar wäre ungerechtfertigt mir gegenüber. Ich konnte mich gerade noch so lange zusammenreißen, bis ich in der Tram saß und dann machte ich leise Buhuu.

Ich wollte nicht essen, ich wollte nicht schlafen, ich wollte keine Küsse oder Umarmungen, ich wollte nicht hören, dass alles gut wird und ich wollte nicht hören, ich solle kündigen und ich wollte gar nichts, nur mit einer Zigarette in der Hand im Garten sitzen und innerlich darüber maulen, dass wir kein Gras im Haus hatten.

Seit langer Zeit bin ich das erste Mal wieder richtig kaputt und es ging so schnell von einem Tag auf den anderen, dass mein liebster, bester, wunderbarer Jake mich heute morgen mit Tränen in den Augen zum Arzt begleitet hat, wo ich für heute und nächste Woche einen Sickie bescheinigt bekam und die Anweisung, mich ins Bett zu legen und nur für Spaziergänge in freier Natur hinaus zu wagen.

Ich habe heißen Tee an meinem Bett und einen warmen Hund an meiner Seite und das einzige, was mich davon abhält, wieder in Tränen auszubrechen, ist die Gewissheit, dass gerade viele bei der Arbeit krank sind und die nächste Woche die Hölle für die blöden Arschlöcher sein wird.

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