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Die Zeit der Zwischen-Songs

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Wer wissen will, wie die Art, auf die wir in Zukunft Musik hören, sich gerade ändert, muss sich einen Club vorstellen, in dem der DJ gerade zwei Tracks übereinander legt. Zu hören ist der Übergang aus dem ersten und dem zweiten Song. Beide sind zum Teil da, aber eben auch nicht (mehr) ganz. Genau in dieser Zwischenphase, in der man sich freut, Vorläufer des neuen zu erkennen, befinden wir uns derzeit in Fragen des Musikkonsums. Das ist interessant - und hört womöglich gar nicht auf. In manchen Clubs besteht fast das ganze Programm aus solchen Zwischen-Songs - man spricht dann von Mashups. Man hört also Töne aus der alten Welt, während stetig lauter werden Klänge des neuen Songs erklingen.

Aus der alten Welt stammt die Meldung, die in dieser Woche aus Norwegen (und wenig später auch aus den Niederlanden) zu hören war: Die Online-Piraterie stirbt, wenn die Menschen gute legale Angebote im Netz finden. Die große Geschichte, die vor allem rund um die Acta-Proteste im vergangenen Jahr erzählt wurde, scheint also nicht zu stimmen: Die Generation der digital sozialisierten Musikkonsumenten ist keineswegs moralisch schlechter als ihre Eltern. Sie verlangt nur bessere Angebote. Wenn diese verfügbar sind, verliert auch Piraterie ihre Attraktivität.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Die heutige Generation ist moralisch nicht verdorben. Sie verlangt nur mehr Mitbestimmungsrecht in der Musikindustrie.

Die zweite Meldung, die wie die ersten Klänge eines neues Songs in dieser Woche nur leise zu vernehmen war, kommt ausgerechnet von der alten, von der klassischen Musikindustrie: Universal kündigte zu Beginn der Woche an, genauer als bisher auf das zu hören, was Musikfreunde sich wünschen. So muss man die Ankündigung interpretieren - wenn man das Trend- und Hype-Wort Crowdfunding vermeiden will. Über diese neuartige Bezahlform will die Plattenfirma jedenfalls künftig Alben finanzieren - und zwar sehr alte Alben; solche, die eigentlich nicht mehr verfügbar sind. Wenn sich über diese Wiederbelebungsmaßnahme ausreichend Interessenten finden, wird die Platte erneut veröffentlicht.

Wie man auch auf der Tanzfläche erst nicht genau erkennen kann, ob der neue Song wirklich gut ist, kann man auch bei dieser Meldung noch nicht genau sagen, ob sie ein echter Fortschritt oder nur eine billige Marketingmaßnahme ist. In jedem Fall zeigt sie jedoch: die Idee, Nutzer direkt zu fragen, wofür sie eigentlich ihr Geld ausgeben wollen, scheint zumindest bei einigen Menschen von Universal angekommen zu sein. Das ist in jedem Fall besser als im Nutzer einzig den geizigen Abzocker zu sehen, der nur darauf warten, illegal zu kopieren. Zumal die Meldungen dieser Tage ja belegen: So sind die Nutzer gar nicht.

Egal, ob man es Crowdfunding nennt oder sich auf klassische Subskriptionsmodelle der Vergangenheit beruft: dass Musikmacher sich darauf konzentrieren, was ihre Zuhörer wollen (statt diese zu verklagen), ist in jedem Fall nicht falsch. Hier ist jeder Versuch begrüßenswert. Die direkte Verbindung zwischen Produzent und Publikum, die das Internet geschaffen hat, wird nicht verschwinden. Ohne sie werden Bezahlmodelle der Zukunft nicht zu denken sein.

Der Beweis dafür wurde in dieser Woche aus zwei sehr unterschiedlichen Richtungen geliefert.



Text: dirk-vongehlen - Bild: photocase.de/MowJow

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