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Leben

Text: wertderdinge
Irgendwie schwirren, mir diese Gedanken schon seit einigen Wochen durch den Kopf. Ich versuche sie jetzt mal zu entkuddeln, quasi wie die Kopfhörer vom Mp3 Player den man im Rucksack gefunden hatt.
Ich bin seit 10 Jahren erwachsen und vieles hat sich seit dieser Zeit geändert.

Ich habe eine Freundin, ich hatte eine Ausbildung, ich hatte ein Studium, ich hatte ein Studium (Fachwechsel) ich war mal Postbote, ich war mal Maschinenbediener, ich war mal Lagerist, Ich war mal Flyerverteiler, ich war mal arbeitslos, ich war mal Hauptschüler, ich war mal Realschüler, ich war mal Fachoberschüler. Ich war mal fett und Fleischesser, ich hatte einen großen Freundeskreis. Ich hatte mal Streit mit meinem Bruder, mal Streit mit meinen Eltern. Ich habe mal geraucht und viel getrunken, war viel unterwegs hatte mehrere Knochenbrüche. Ich war mal cool, sarkastisch, kühl mal habe ich mich für die ganze Welt interessiert mir jedes Geschwätz angehört und jedem recht gegeben. Dann kam die Zeit, wo ich niemanden mehr zuhören wollte, alles nur gerede keine Ziele, kein Sinn keine Ideale. Ich hörte von meinem alten Mitschüler, der Selbstmord beging.

Ich hatte viele ältere Verwandte, die mittlerweile verstorben sind.

Ich habe vieles verloren, Freundschaften, Menschen, Ziele, Denkmuster, aber eines habe ich nie verloren, den Drang zum Leben.

Als ich aus der Schule kam, hatte ich richtig Bock zu Leben. Ich hatte eine Ausbildung, ich hatte einen Schulabschluß nichts und niemand konnte sich mir in den Weg stellen. Ich hatte zu dieser Zeit noch keine Ahnung, das mein Vater ein riesen Problem, damit hatte, das ich Fachabitur machen wollte, ich wollte studieren, erfolgreich werden und Geld verdienen. Ich dachte das es ihn stolz macht, das sein Sohn etwas erreicht, was ihm verwehrt blieb. Mir ging es nie ums GEld, ich war genügsam und sparte und jobbte nebenbei, wie soviele andere.

Meine Mutter intervenierte und ich ging zur Fachoberschule. Ich hätte das auch gemacht, wenn man Vater dagegen gewesen wäre, mir ging es nur darum, das Sie mir zeigten, " Ja Sohn, wir sind stolz auf dich, du gehst den richtigen Weg - Du bist jetzt erwachsen." Doch diese Worte kamen nie, weder als ich mein Zeugnis in der Hand hielt noch als ich zur Hochschule zugelassen wurde. "Wie stellst du dir das vor - ? Wie willst du das finanzieren ? Du musst viel mehr leisten, als in der Schule, überleg´dir zumindest einen Plan B, falls du eine Bruchlandung hinlegst".

Das waren die Worte meiner Eltern.

Sie hielten immer dagegen. Immer war es meine Faulheit, meine Inkompetenz, nie waren es die anderen den die behielten immer Recht ob Lehrer, Trainer oder sonstiges.  

Ja ich vermasselte mein erstes  Studium, ja ich bin in meiner Schulzeit sitzen geblieben. Ja ich war in meiner Jugend kurz vorm abrutschen (alkohol und schultechnisch) - und nein, damals hatte es niemanden interessiert. Weder meine Eltern, noch meine Verwandten noch meine Lehrer. Ich flog von der Realschule und landete in der Hauptschule, was für mich eine Initialzündung war mein bisheriges Leben zur Überdenken und komplett zu ändern (Nicht, das letzte mal in meinem Leben). Ich setzte mich auf meinen Hosenboden und löffelte die Suppe aus, die ich mir eingebrockt hatte (Nicht, das letzte Mal in meinem Leben).

Mittlerweile, ich weiß nicht warum, ist das Interesse an meiner Person erwacht. Meine Verwandten sind neugierig und wollen Dinge wissen, die ich noch nicht mal meinen Eltern erzähle. Immer mit leicht gequälter - Miene mit Kopf Hoch Rhetorik, " Es kommen, auch wieder bessere Zeiten, halte durch"

Ich denke mir mittlerweile, warum ? Wer legt die Maßstäbe fest ? Nein ich liege niemanden mehr auf der Tasche, Nein ich wohne nicht mehr Zuhause nur noch in der Nähe. Ich rufe nicht mehr wegen jedem Scheiß an, weil mein Auto verreckt oder weil ich besoffen nicht mehr von der Party nach Hause komme. Ich habe eine Freundin und Nein, wir sind nicht verheiratet (und werden auch nie kirchlich heiraten können). Wir besitzen KEIN Auto und fahren Bus und wir wollen auch keine Kinder.

Nach den Maßstäben meiner Verwandschaft, bin ich ein Versager. Weil ich die o.g. Punkte nicht er fülle. Weil ich kein Haus bauen will und keinen Baum pflanze. Eine merkwürdige Toleranz ist das, jeder der sein Leben anders gestalten will, als die große Masse wird als Außgestoßener gesehen und man versucht ihn wieder zu bekehren und zurück auf den Weg der Tugend zurück zu bekommen.

Ja ich mag es, wenn in meinem Leben etwas passiert. Ich brauche keinen Job bis ans Lebensende, (Feuerwehrmann oder TV Star sind die Ausnahme ) ich weiß, das klingt ziemlich arrogant. Ja meine Eltern haben eine Familie gegründet und mussten alles aufwenden, damit ich groß werden konnte, aber das bedeutet doch nicht, das ich das automatisch auch so machen muss. Niemand kann mich dazu zwingen, wenn ich wollte könnte ich nach Australien ziehen und dort Surfweltmeister werden oder mich für die Marsmission 2030 bewerben. Alles ist möglich. Alles kann nichts muß. 

Leben heißt: fühlen, atmen, schmecken jede Sekunde !

Wer etwas ändern will, sollte bei sich anfangen, geht ins Wohnzimmer stöpselt den Fernseher aus, schaltet ihn nie wieder an. Ruft ne Freund an oder eine  Freundin geht grillen oder treibt Sport. JETZT ist Zeit zu Leben.

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