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Der Autor in mir

Text: EmilyvanHill

Schreiben ist schon immer ein Teil von mir. Es hilft mir, Dinge auszudrücken, die ich niemals sagen könnte. Wenn ich Worte auf ein Blatt Papier schreibe oder auf die Tastatur haue, fühlt sich das ganz einfach gut und richtig an. Was könnte es also Passenderes geben, als mein Leben mit Schreiben zu verbringen?



Nur leider tun wohl die wenigsten von uns das, was sie eigentlich möchten. Nehmen wir mich zum Beispiel: Meiner Ansicht nach bin ich quasi der geborene Autor. Nicht, weil ich mir selbst überdurchschnittliches Talent bescheinige, sondern weil ich quasi das gesamte Drumherum mitbringe, das die Welt von einem exzentrischen Schriftsteller erwartet: Ich habe ganz nach Tagesform leicht bis stark ausgeprägte misanthropische Züge, sehe die Welt mit einer Mischung aus liebevoller Zuneigung und grenzenlosem Hass, bin von dem Drang zu Selbstzerstörung getrieben, obwohl ich mich selbst als Krone der Schöpfung betrachte und selbstverständlich neige ich zu einem unkontrollierten, hemmungslosen Umgang mit Betäubungsmitteln und Sexualpartnern. Alles nicht nur überaus liebenswerte und sympathieerweckende Eigenschaften, sondern  auch die beste Qualifikation, die ein angehender Autor vorweisen kann.



Schriftsteller wie Ernest Hemingway, Bertold Brecht und Co.  - das sind diese beneidenswerten Menschen, die ihre Abscheu angesichts der mangelnden Intellektualität ihrer Umgebung  mit unverhohlener Arroganz zum Ausdruck bringen und trotzdem von allen bewundert werden. Sie tragen legere, immer leicht zerknitterte Leinenhosen und im Idealfall einen Panamahut. Das zelebrierte, stilistische Understatement, der leichte Duft nach hochwertigen Spirituosen und Tabak, der sich zu jeder Tageszeit in ihrem Atem wiederfindet, das alles macht sie so einzigartig, so bedeutungsvoll, so unwiderstehlich anziehend. Ja, es lässt sich resümieren, dass Menschen dieser Zunft zweifellos über einen unbeschreiblichen Sexappeal verfügen. Hat schließlich einen Grund, warum die Serie Californication so ein Erfolg ist – und das obwohl es hier "nur" um einen fiktiven Autor geht.



Ein realistischer Blick in die Bestsellerlisten allerdings lässt jegliche erotische Regung im Keim ersticken: Während aktuelle Bestseller-Autoren männlichen Geschlechts wie Dan Brown oder Jussi Adler-Olsen noch so einen Hauch von "Ich-würde-gerne-mal-mit-meinem-Prof-schlafen"-Anziehungskraft verströmen, sieht es bei den weiblichen Autorinnen düster aus. Ganz ehrlich, ich bin zwar kein Mann, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ihr beim Anblick von Stephenie Mayer oder Nele Neuhaus, schmutzige Gedanken bekommt.



Bleibt mir wohl nur eine Möglichkeit, um meiner leicht idealisierten Berufung nahezukommen: Ich werde einfach Schauspieler und spiele die Rolle eines Autors, so wie er sein sollte. Naja und wenn das auch nichts wird, habe ich ja immerhin noch einen richtigen Job. Ach, Träume sind für den Arsch ...

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