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Des Fräuleins Selbstfindung

Text: Kutterkapitan

Single sein ist toll. Allein sein hingegen eher weniger.



 



Nachdem die meisten Mitglieder meiner verschiedenen Freundeskreise recht zielstrebig den Hafen der Ehe anpeilen oder dort bereits angekommen sind, nähern sich diese beiden Zustände bei mir zunehmend an, so dass ich trotz des noch vorherrschenden  Freiheitsgefühls anfange, der inneren Stimme, welche mir die Vorzüge gemeinsamer Bettfrühstücke zu verkaufen versucht, Gehör zu schenken.



 



Eine Frau muss also her…



 



Dieses Mal bin ich älter, weiser und überhaupt megaschlau! Ich weiß mittlerweile welcher Typ Frau zu mir passt, weiß welche Charaktereigenschaften unerlässlich sind und bilde mir ein, no-go Eigenheiten anhand 5 sekündigem Angaffen und einem kurzen Wortwechsel zuverlässig attestieren zu können. Mit dieser Menge Gehirnerguss im Gepäck geht´s in den Club.



Ich trinke



Ich tanze



Ich ziehe böse Blicke hemdsärmeliger Maschinenbauer auf mich



Ich trage ein knallgelbes Spongebob T-Shirt und einen grünen Sombrero



Ich werde angetanzt von Frauen



Ich finde das ziemlich cool



Ich entdecke den Fehler in diesem perfekt  erscheinenden Gesamtbild



Plötzlich und ohne Vorwarnung trifft mich die Erkenntnis wie ein Blitz. Die mich umgebenden Frauen sind genau mein Typ. Wahnsinn! Sie sind wie meine erste richtige Freundin. Damals. Vor sieben Jahren. Genauso unbeschwert, alternativ, naiv und orientierungslos. Und genauso alt.



Ich bewege mich durch die Menge auf der Suche nach einer Frau, welche die weibliche „ich weiß nicht, was ich will, wer ich bin und wo ich hinwill“–Selbstfindungsphase erfolgreich abgeschlossen hat.



Ich finde keine



Ich trinke



Bevor der Alkohol mich dazu verleitet Witze über ausgefüllte Dirndl für einen genialen Gesprächseinstieg zu halten, bewege ich mich Richtung erster S-Bahn.



Ich bin daheim



Ich höre „I Am Who Feasts Upon Your Soul“ fünf Mal hintereinander, renne in der aufgehenden Sonne bei klirrender Kälte zehn Kilometer durch den Wald, dusche heiß und stelle fest, dass die Stimme weg ist.



Das Kalenderblatt hängt jungfräulich an der Wand, aber heute pflegt C gerade P gesund, J und S wollen zusammen etwas ruhiges machen, E und S sind zusammen im Urlaub, A und S sind bei As Eltern zum Abendessen eingeladen …



Ich kaufe mir Dosenbier, höre „I Am Who Feasts Upon Your Soul“ in der Endlosschleife und gehe um 20.30 Uhr in mein frühstückskrümelfreies Bett.



 





Sofern der Text etwas Anklang findet (Diskussion über Unterschiede zwischen männlicher und weiblicher Selbstfindung anyone?) und/oder Zeit/Motivation meine Gäste sind, werde ich, inspiriert von Frapi (Daumen hoch für das Format), in unregelmäßigen Abständen Ähnliches produzieren. Kritik? Her damit!

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