Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Was traust du dich nicht zu sagen?

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Khakibraun und Senfgelb, zwei Farben, die zum letzten Mal das Duett der Hässlichkeit in den 70er Jahren tanzen durften. Meine Freundin scheint begeistert, als sie sich den Fetzten an den Körper hält, sie sucht ein Top. Fürs erste Date. Ich will gerade noch auf ein weniger gewagtes Exemplar in der Ecke hinweisen, da verschwindet sie auch schon in der Kabine. Heraus kommt sie als Neuinterpretation von Omas Tapete. Der Stoff spannt, auch das noch. „Und?“ sagt sie und begutachtet sich zufrieden vor dem Spiegel. Ich ringe nach Worten. Jetzt bloß nichts Falsches sagen. „Äh, ja, also ist mal was anderes.“ Schlecht gespielt, sehr schlecht. Ich setze noch mal an: „Also gefällt mir schon auch gut. Aber das da drüben ist vielleicht noch bisschen schöner. Besonders zu deinen Haaren.“ Ich klinge wie ein schlechtbezahlter Stilberater. Auf dem Nachhauseweg ärgere ich mich über mich selbst.

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Schweigen ist Gold. Oder doch nicht?

Warum nicht einfach mal die Wahrheit sagen? Warum nicht mal auf das „Und?“ antworten: „Kacke siehst du aus.“ Muss doch mal möglich sein, so unter Freunden. Warum sich nicht einfach trauen. Ja, die Jeans macht ’nen fetten Arsch! Nein, ich hab keine Lust, dich noch mal zu treffen. Warum? Du stinkst wie ein Iltis und siehst aus wie Woody Allen. Ja, ich singe manchmal Justin Bieber unter der Dusche! Nein, die Brüste sind nicht echt! Ja, ich freue mich aufs Erbe! Befreiend wäre das.  

Aber es gibt einfach Dinge, die spreche ich nicht gern laut aus. Vielleicht ist es der Anstand, vielleicht ist es Moral, vielleicht ist mir einfach peinlich. Ich will niemanden verletzen, am wenigsten mich selbst. Und im Kopf hallt laut die Stimme: „So was sagt man nicht!“. Also schweige ich. Oft hält mich auch die Angst vom Sprechen ab, die Angst vor der Veränderung, die mein Satz bewirken kann. Dass das, was einmal ausgesprochen ist, nicht zurückgenommen werden kann. Dass man den anderen nicht mehr liebt. Oder dass man einsam ist. Die Sätze lauten für jeden anders. Ein paar von ihnen hat die jetzt-Userin wildezeiten vor einiger Zeit in ihrem Text gesammelt.

Welche Sätze traust du dich nicht zu sagen? Hast du sie trotzdem ausgesprochen? Ist die Wahrheit wirklich befreiend oder sollte man vielleicht auch einfach mal die Klappe halten?

Text: sina-pousset - Bild: Nanduu

  • teilen
  • schließen