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Bier mit Blättern

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Fabricio do Canto mit zwei "Mier"-Flaschen

jetzt.de: Wenn du einen Werbespot für das Mate-Bier drehen würdest, wie sähe die Situation oder Stimmung aus?
Fabricio: Ganz spontan? Ich würde den geselligen Charakter von Bier, den gesunden Aspekt von wildem Matekraut und das Glücksgefühl von Schokolade-Essen miteinander kombinieren. Was nur wenige wissen: Im Mier ist kein Mate-Tee-Extrakt oder Koffeinzusatz enthalten, sondern Theobromin. Es wirkt ähnlich stimulierend und euphorisierend wie Koffein und kommt natürlicherweise in Mate-Pflanzen vor, oder eben in Kakao.

Wie bist du auf die Idee gekommen, Bier mit Mate-Tee zu kombinieren?
Don’t call it tea! Viele denken, dass Mate eine Teesorte ist, aber eigentlich ist Mate ein teeähnliches Kraut. Und die Idee, das zu kombinieren, war zunächst nur ein Scherz. Unter Hackern haben Mategetränke Kultstatus, aber ebenso viele trinken lieber Bier. Bei der letzten Piraten-Sitzung hatten manche auch beides dabei, tranken es aber hintereinander. Die Idee, beides zu kombinieren, kam aber nicht von mir, sondern vom Piraten Malte JK. Ich gab die Mischung schließlich für private Kreise in einer kleinen Berliner Brauerei in Auftrag. Die Leute waren begeistert. Seit dem 24. Februar gibt es das dunkle Mier – „Bier“ darf man das Getränk wegen des deutschen Reinheitsgebotes ja nicht nennen – deswegen auch für die Öffentlichkeit.

Wie würdest du den Geschmack beschreiben? Kann er auch gestandene Biertrinker überzeugen?
„Den“ Geschmack gibt es noch nicht, denn wir sind noch viel am Experimentieren. Die aktuelle Variante ist dunkel, schmeckt stark, bitter und ein bisschen rauchig. Aber Mier ist kein Getränk für die breite Masse, vor allem für Mate-Anfänger wird es sehr gewöhnungsbedürftig sein. Manche überwinden die Barriere nach ein, zwei Flaschen, manche nie. Aber das ist auch in Ordnung, Mier soll kein Massengetränk werden. Die Mateblätter sind ja handgepfückt und kommen aus einem Urwald zwischen Brasilien und Argentinien.

Das Getränk ist noch nicht lange auf dem Markt, aber die Medienresonanz darauf ist enorm. Hattest du damit gerechnet?
Nein, überhaupt nicht! Ich war total überrascht und habe sogar schon Anfragen von Brasilianern erhalten, die auf einer chilenischen Internetseite davon gehört haben. Ist das nicht verrückt? Außerdem will ein kleiner Laden in Kalifornien mit uns kooperieren. Wahrscheinlich schicken wir ihnen bald eine Palette mit Mier. Zuhause steht alles Kopf, weil wir so viele Presseanfragen und Anfragen von Privaten erhalten, die Mier per Post bestellen wollen.

Im Internet durften ganz nach Piraten-Philosophie die Konsumenten über Alkohol- und Mategehalt abstimmen. Was wünschen sich die Mier-Trinker?
Das aktuelle Mier ist dunkel und hat 5,3 Prozent Alkohol. Aber viele wünschen sich helles Mier und es gibt auch vereinzelt Stimmen, die mehr Alkohol fordern. Leider kann die Demokratie hier nicht abhelfen, weil es keinen Mittelweg zwischen hellem und dunklen Bier gibt. Für die nächste Auflage werden wir aber einmal ein helles Biergetränk mit mehr Kohlensäure in Auftrag geben. Den Alkoholgehalt würde ich so belassen, da vertraue ich unserem Braumeister Thorsten Schoppe.

Hand aufs Herz, wer ist der typische Mier-Trinker?
Das sind gesellige, demokratische Menschen mit hohen Ansprüchen, die sich für Freiheit und Vielfalt einsetzen. Und Menschen, die immer alles wissen wollen, wie zum Beispiel Hacker. Auf jedem Mier ist nämlich ein Code abgedruckt, mit dem man alle Zutaten zurückverfolgen kann. Der Käufer soll über den gesamten Produktionsprozess aufgeklärt werden, in Kürze veröffentlichen wir auch die exakte Zutatenliste.

Ist Mier entsprechend auch Fairtrade oder Bio?
Mier ist FairTrust. Ich wollte zunächst ein Fairtrade-Siegel beantragen, aber es standen zu hohe bürokratische Hürden im Weg, die nur große Konzerne erfüllen können. Unsere Mateblätter sind ja selbst gepflückt, ich habe keine Nachweise über deren Produktion. Das sind schließlich wilde Pflanzen. Über Bio hatte ich noch gar nicht nachgedacht, weil ich auf unseren Braumeister und seinen Sinn für Qualität vertraue. Aber Bio ist eine Überlegung wert.

Hast du für Mier ein Patent angemeldet?
Meine Zeit im Marketing ist Vergangenheit. Ich habe es als Creative Commons angemeldet und freue mich, wenn es sich verbreitet und wir bald viele Mate-Bier-Sorten auf dem Markt haben. Ein Patent finde ich derzeit nicht nötig.

Wird Mier nach Club Mate oder Bubble Tea das neue Berliner Kultgetränk?
In Prenzlauer Berg hat sich das in gewissen Kreisen schon etabliert, aber ob es in der Berliner Szene die Runde macht, kann ich nicht sagen. Wir stehen ja noch ganz am Anfang und hatten nie die Absicht, damit das Geschäft unseres Lebens zu machen. Es haben aber schon zwei Gastronomien angefragt und wir freuen uns natürlich über jeden Händler.

Braucht die Welt überhaupt schon wieder ein neues Szenegetränk?
Das sicher nicht, aber die Welt könnte mehr Produkte vertragen, bei denen der Verbraucher auch weiß, was er davon hat und mitbestimmen kann. Es ist die Idee von einem transparenten, fairen Markt, die ich weitergeben will. Mier ist ein politisches Statement. Denn ich stelle mich gegen Monokulturen und engagiere mich viel für benachteiligte Menschen, zum Beispiel mit meiner Organisation Rainbow-Children. Das ist mir wichtiger, als Profit oder ein Platz in der Berliner Szene. Wenn Mier aber Kultstatus erreicht, kann man dabei nur gewinnen.

Text: vanessa-vu - Bild: dpa.

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