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Alt werden ist ein schleichender Prozess

Text: BenUtzBar






Alt werden ist ein schleichender Prozess.
Es sind meist kurze Momente, kleine Fehler die einen daran erinnern, dass man auch nicht jünger wird.

Am vergangenen Montag stehe ich zum Beispiel vor meiner Wohnungstür und versuche sie mit meinem Schlüssel zu öffnen, nur um festzustellen, dass mein Schlüssel meine Wohnungstür gar nicht auf kriegen kann, da die Tür vor mir nicht zu meiner, sondern zu der Wohnung meines Unternachbarn führt.
So stehe ich dann, eine Sekunde erschrocken und verwirrt über mich selbst, da und trotte eine Etage weiter die Treppen hinauf.
Dort werfe ich die Stoff-Einkaufstüten auf den Küchentisch und separiere fein säuberlich Kühlschrankeinkäufe von nicht Kühlschrankeinkäufen, um mich dann, im Schneidersitz, mit den Kühlschrankeinkäufen vor den Kühlschrank zu setzen und ruhig doch gewissenhaft alles ordnungsgemäß an seinen Platz zu stellen.
Hier kontrolliere ich auch gleich die älteren Produkte nach ihrem Mindesthaltbarkeitsdatum.
Früher war mir nur wichtig, dass das Jahr mit zwei und null beginnt, heute kontrolliere ich schon Produkte die, laut Deckel, eigentlich noch 1-2 Tage gut sein sollten und gebe am Ende meist dem Zweifel nach und dem Mülleimer Fülle.
In der Drehung zum Küchentisch schließe ich schwungvoll die Kühlschranktür und greife mir die aktuelle Zeitschrift um auch hier wieder auf meine neu erworbene Zerstreutheit zu treffen.
Denn die frisch gekaufte Zeitung liegt nicht neben Brot und Nudeln auf dem Küchentisch, sondern auf der Kassenablage meines Supermarkts, oder viel wahrscheinlicher, in der Tasche des hinter mir in der Schlange stehenden Kunden.
Mit einer alten Zeitung unterm Arm begebe ich mich auf in Richtung Toilette, "rette die Welt" ( eigenes Synonym für den Stuhlgang hier anwendbar ), wasche mir die Hände, entriegel die Tür und trete ins Freie.
Hier bleibe ich wieder etwas erschrocken und verwirrt über mich selbst stehen, da die Tür bereits entriegelt war und ich langsam erkenne, dass sich auch während meiner Weltrettung nichts daran geändert hatte.
In der eigenen Wohnung ein ulkiger Fauxpas, in einer WG klarer Kündigungsgrund.
Die Mitbewohnerin grinst mir im Flur entgegen und fragt mich wie mein Wochenende war, doch auch nach etlichen Sekunden unangenehmer Stille, kann ich mich kaum bis gar nicht an die vergangenen 2 Abende erinnern und erzähle ihr irgendetwas von einer Bar, einem Club und ein paar Freunden, nur um von ihr zu erfahren, dass ich ihr das doch schon letzten Montag erzählt habe und ob ich langsam alt werden würde.

ja werde ich, schleichend und voller kleiner Fehler.

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