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Wenn der Kunde König ist

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Was trug König Bansah, als ihr euch das erste Mal traft? Einen Blaumann. Tagsüber arbeitet er in der Werkstatt direkt neben seinem Wohnhaus, wo wir uns das erste Mal zusammengesetzt haben. Und da das am Vormittag war, hatte er eben Arbeitskleidung an. Wer hatte die Idee für die Zusammenarbeit? Die hatte ich. Obwohl er bei uns in der Region schon ziemlich bekannt ist, man ihm auch medial begegnet, kannte ich ihn vorher nicht. Meine Mutter hatte mir aber davon erzählt, so völlig zufällig beim Kuchenessen. Erst habe ich ihr auch nicht recht geglaubt, dann aber recherchiert und ihn einfach angerufen – den König.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

War dir sofort klar, der Mann hat kein vernünftiges Corporate Design, der braucht eines? Ja, von seiner alten Website her schon. Aber mir war noch nicht ganz klar, in welcher Form. Mir war nur klar, die Geschichte ist so spannend, dass ich da gerne etwas mit machen wollte. Damit hast du den Spieß quasi umgedreht. Ist es nicht normalerweise so, dass der Kunde zum Designer kommt? Das stimmt. Als ich ihm erklärt habe, dass ich Student bin und meine Bachelorarbeit über ihn schreiben will, hat er zuerst gesagt: „Es haben schon viele Kinder Aufsätze über mich geschrieben, und die haben alle eine Eins gekriegt. Das wird schon klappen“. Das hat mir gezeigt, dass er sich auf alles einlässt, aber vielleicht noch nicht richtig weiß, was ich möchte. Das war ein richtig langer Prozess, bis wir – und auch ich – wussten, was genau die Aufgabe ist. Wir haben uns bestimmt 10 bis 15 Mal getroffen. Das war ganz viel reden, überlegen und überzeugen. Weil es total wichtig war, ihn dafür zu sensibilisieren, was Design für eine Wirkung hat. Schönsein ist ja nur ein Nebeneffekt.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Wo hast du dann gemerkt – neben dem „Schönermachen“ was die Aufgabe deines Projekts ist? Er ist neben seinem Amt auch Sänger. Er tritt bei Veranstaltungen von Kaufhauseröffnungen bis zum Wiener Bonbonball oder Schlagershows auf. Durch dieses Engagement sammelt er Geld für Afrika. Das ist ganz entscheidend, da er durch die Werkstatt seine Hilfsprojekte nicht finanzieren kann. Das Interessante für die Leute, die ihn buchen, ist eben, dass er ein echter König ist. Gleichzeitig bringt er sein Königsein dadurch auch in Bedrängnis. Weil man es von echten Königen nicht kennt, dass sie durchs Land tingeln. Daraus haben wir eine Art Imageproblem abgeleitet. Das heißt: Kommunikation soll helfen, seine Echtheit und Authentizität und diesen Afrika Background und sein Engagement dort mehr zu zeigen. Damit er ein echter König bleibt und in den Köpfen nicht zum Spaßkönig wird. Hier wird die königliche Unterschrift erklärt:

In seinen öffentlichen Auftritten spielt er mit einem etwas klischeehaften Afrikabild – wie gelingt es, das gemeinsam mit dem Royalen darzustellen? Das kann man auf zwei Weisen beantworten. Einerseits wie es ihm gelingt, andererseits wie es in der Kommunikation funktioniert. Er ist einfach von seinem Naturell her ein Showmaster. Für ihn ist das total leicht, Party und Stimmung zu machen. Für die Gestaltung war klar, dass man ihn da nicht verändern kann. Und das wollte ich auch gar nicht. Es ist richtig und gut, was er macht. Es war nur so, dass die Tatsache, dass er ein echter König ist, immer mehr untergegangen ist. Weil es eben auch „Den König von Mallorca“ oder den „Kiezkönig“ gibt. Aber dieses „Jetzt kommt König Bansah und er ist wirklich ein wahrhaft echter König“, kam in der Kommunikation gar nicht rüber. Es stand zwar alles da, es war aber nicht spürbar. Wenn man einen Brief von ihm bekommen hat, war die Reaktion nicht „Wow“. Sondern eher ein „Aha“, wenn man das Kleingedruckte gelesen hat. Priorität für uns war also: Echter König. Dann kommt der ganze Rest.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Was für ein Design ist letztlich dabei herausgekommen? Es sollte königlich sein, aber auch exotisch. Wir hatten uns auch das Design von anderen Königen angeschaut aber schnell festgestellt, dass wir uns da nicht sehen. Dieses Afrikanische musste drin sein. Dass Gold ein Thema ist, war früh klar. Ich kannte ja sein Ornat, seine Krone oder Ringe. Formal ist das neu gestaltete Wappen an sich wie sein altes aus den 90ern. Von daher war das auch kein unantastbares, steinaltes Erbstück. Es gibt aber die Geschichte wieder, die schon seit Generationen erzählt wird. Dass der König seinen Untertanen hilft, auf den Lebensbaum zu klettern, um an die Früchte zu kommen, damit sie nicht verhungern. Dazu der Vodoostein, der mit seiner Zauberkraft, dass Krokodil fernhält. Dass die Formensprache der afrikanischen Stoffe, diese gewebten, kantigen Muster, zentral ist - dafür ist mir wirklich erst in Afrika ein Licht aufgegangen. Du bist tatsächlich mit dem König, deinem Prüfer und einer Fotografin nach Ghana gefahren. Warum? Ich wollte ihn unbedingt als echten König erleben. Das Thema ist ja Echtheit. Das wollte ich kommunizieren durch eine königlich-afrikanische Wirkung. Und da war klar, dass ich ihn als König erleben muss. In Ludwigshafen ist er ein ganz anderer Mensch als in Ghana. Wir sind erst relativ spät gefahren, weil er kurzfristig Termine mit Ministern dort hatte. Vorher war beim Gestalten immer noch das „Ich warte mal Ghana ab“ im Hinterkopf.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Wie hast du ihn da erlebt? Wenn man ihn in Deutschland trifft, ist er total nahbar, herzlich und offen. Für zwei Stunden Konferenz mit ihm, muss man fünf Stunden einplanen. Weil erst gegessen wird und dann Tee getrunken - und schon sind drei Stunden 'rum. In Ghana war seine Herzlichkeit dagegen etwas zurückgezogen. Er war eher souverän. Man hat gemerkt, dass er seinen Stand vertreten hat und alles offizieller war. Einmal hat er auch gesagt - wir saßen am dritten Tag beim Essen zusammen: „Ihr seht schon, ich bin wie ein Chamäleon. Wenn ich hier bin, bin ich ein anderer Mensch als in Ludwigshafen“. Welche Begegnungen oder Erfahrungen haben dich besonders beeindruckt? Wir haben ein großes Gruppenbild gemacht mit den ganzen Clanchefs und allen wichtigen Leuten. Bevor wir das Foto machen konnten, haben wir uns dreimal mit Atakuma, das ist der oberste Clanchef der Ewe, getroffen. Und wie der da saß er in einem Plastikstuhl in einem Hinterhof. In seiner Art, wie er gesprochen hat und wie seine Körperspannung war, war er eine richtige Erscheinung. Eine ganz starke Aura, die sich auf alle übertragen hat. Eigentlich ist es so, dass der König immer abnimmt, wenn eines seiner drei Handys klingelt. Und die klingeln permanent. Aber als wir dann bei Atakuma waren, da hat er es in der Hosentasche ausgedrückt. Das war eine Begegnung, da hat man es gemerkt, dass man es mit einem ganzen Volk zu tun hat, einer langen Kultur. Man konnte eine Stecknadel fallen hören. Obwohl es von dem Umfeld ganz anders war, er saß da ja einfach in seinem Gartenstuhl.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Was hat sich durch das Projekt verändert? Prägend für mein Leben war natürlich der Afrikabesuch. Darüber hinaus hat sich aber auch Bansahs unglaublicher Facettenreichtum auf das Projekt übertragen. Am Anfang dachte ich, ich mache ein Corporate Design, dann kam die Website hinzu, dann brauchten wir ein Bier, ein Buch, wir brauchten Standarten, eine königliche Zahnpasta und so weiter. Das war auch als Designer total spannend und ist das Faszinierende an der Arbeit an sich. Es geht ja nicht darum die perfekte Form zu finden, sondern darum, etwas zu schaffen, das Kraft hat. Ich musste auch noch nie so viel Überzeugungsarbeit leisten. Ich musste nicht nur den König überzeugen, sondern auch die ganzen Produzenten. Das war ein schönes Gefühl, als die Leute verstanden haben, was das Ziel dahinter ist und uns unterstützen. Und das war toll, ein Team zu bilden mit der Fotografin, dem Programmierer, den Sponsoren. Alleine hätte ich das nie geschafft. Glaubst du, du kannst jetzt noch einen normalen Job machen? Oder wäre nach dem König alles quasi ein Abstieg? Ich hab nach dem Studium mit einem Freund ein kleines Büro aufgemacht. Insofern kann ich das natürlich. Der König und ich, wir haben jetzt ein sehr freundschaftliches Verhältnis. Er ruft auch ab und zu an, um zu fragen wie es geht. Es ist eher so, dass wir überlegen, was man noch machen kann. Wir sind ein Team für Afrika. Mehr von König Bansah und auch das royale Bier gibt es auf der von Julian Zimmermann gestaltetet, königlichen Homepage.

Text: petra-baeumer - Fotos: Mirka Laura Severa / Julian Zimmermann / König Céphas Bansah

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