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Ramona und Stephane – Der erste Tag

Text: klinsmaus
Ramona/21 kommt aus dem Allgäu. Stephane/32 trinkt gern Rotwein. Eine grausame Wohnheimverwaltung hat sie in dieselbe WG gesperrt.



8 Uhr: Ramona war müde. Sie hatte Kopfweh. Vielleicht hätte sie doch nicht schon um 5.30 Uhr in Kempten losfahren sollen. Der Abschied von der Pfarrjugend war nämlich wild gewesen: Bis 1.30 Uhr hatten sie im Gemeindehaus gesessen, „Die Siedler von Catan“ gespielt, Cocktails gemixt und sich darüber totgelacht, dass sie es tatsächlich geschafft hatten, den „Zombie“ und den „Screaming Orgasm“ in die Rezeptsammlung des katholischen Hausfrauenbunds Sankt Johannes zu mogeln. Ramona kicherte. Wie war das eigentlich mit dem Restalkohol? War sie schon nüchtern genug, um zur Wohnheimverwaltung zu gehen? Immerhin hatte sie ja zwei Flying Cangaroos getrunken. Sie nahm einen Kaugummi.



8.30 Uhr: Die Wohnheimverwaltung hatte zu.



8.45 Uhr: Der Hausmeister war nicht da.



9 Uhr: Der Wohnheimvertrauensstudent war offensichtlich eine totale Fehlbesetzung. Als Ramona bei ihm geklingelt und höflich um einen Schlüssel gebeten hatte, hatte er lediglich „Mitninnernach“ in die Sprechanlage gerülpst. Ramona hatte noch dreimal klingeln müssen, bis er den Türöffner gedrückt hatte. Der Beschwerdebrief, den sie gerade an die Wohnheimverwaltung schrieb, war mehr als gerechtfertigt.



10 Uhr: Das Einwohnermeldeamt weigerte sich, Ramonas Hauptwohnsitz in Erlangen anzumelden. Es wollte einen Schrieb vom Hausmeister.



10.30 Uhr: Die Stadtwerke weigerten sich, Ramonas Strom- und Wasseranschluss anzumelden. Sie wollten eine Bestätigung vom Einwohnermeldeamt. Ramona war behördliche Inkompetenz zwar noch aus ihrem Freiwilligen Sozialen Jahr in Ecuador gewöhnt, doch das hier ging ja wohl zu weit.



12 Uhr: Der Hausmeister zuckte die Achseln. Natürlich war es ärgerlich, dass Ramona ihr Einzelappartement mit Einzelklo und Einzelküche nicht bekommen hatte, aber da konnte man wohl nichts machen. Die Wohnheimverwaltung hatte angesichts des Monsteransturms aus allen fränkischen Provinzen noch einmal alles durcheinandergeworfen. Ramona sollte nicht traurig sein, immerhin hatte sie – knickknack – einen MitbewohnER und in der Mensa gäbe es heute Schäufele, habe er gesehen. Wegen der fehlenden Kloschüssel käme er nachher noch einmal vorbei. Herzlich Willkommen!



12.15 Uhr: Ramona hatte einen Migräneanfall. Er war so heftig, dass sie einfach umfiel und es gerade noch so schaffte, dabei auf dem Bett zu landen. Dass es leicht angeschimmelt war, merkte sie nicht mehr.



15 Uhr: Nicht nur das Bett war angeschimmelt. Es roch auch der Kühlschrank sehr komisch, das Bad war voller Schamhaare, die Küche hatte einen ausgeprägten Fettfilm und überall war Staub. Ramona beschloss, dass das Auspacken noch warten konnte. Erst einmal brauchte sie jede Menge Sagrotan.



17.30 Uhr: Ramona hatte die Sagrotan-Phase abgeschlossen. Sie wechselte zur Frosch-Produktpalette. Wo waren noch einmal die Abrazos?



19.30 Uhr: Ramona war müde. So müde wie noch nie in ihrem Leben. Eigentlich hatte sie noch auspacken und sich gemütlich einrichten wollen, aber sie war so müde, dass sie es gerade noch schaffte, die Lieblingsexemplare ihrer Happy-Hippo-Sammlung auf dem Nachtkästchen zu drapieren, bevor sie einschlief.





1.30 Uhr: Es klingelte.

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