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Rebell Yell

Text: MadActor










Ich behaupte, dass wirklich jeder Mensch mindestens eine kulinarische Leiche im Keller hat. Irgendetwas, dass andere nicht einmal mit der Kneifzange anfassen würden, das man selbst aber gelegentlich ganz gern isst. Meine sind jegliche Art von Fertiggerichten. Einmal alle paar Wochen stelle ich mich vor das Fertiggerichtregal und wähle mir eine neue "Delikatesse" aus. Im Grunde genommen absoluter Schwachsinn, denn am Ende schmeckt irgendwie doch alles gleich. Es gibt nur zwei Varianten: Tomaten- und Sahnesauce. Alles was sonst noch beigemischt ist, trägt nicht wirklich zu einem individuellen Geschmack bei.

Dennoch brauche ich Ewigkeiten, bis ich mich mal entschieden habe. Meine Vorliebe für gerade diese Art von Nahrung hat weniger mit dem fabelhaften Geschmack, sondern viel eher mit einem anerzogenen "Kick" zu tun, der aus dem Gefühl, etwas "Verbotenes" zu machen, resultiert.



Meine werte Frau Mutter hat früher mindestens ein- bis zweimal am Tag frisch gekocht und Fertiggerichte waren im Grunde genommen eine Art Blasphemie. Als sie einmal die Einkäufe für meine Schulabschlussfahrt tätigen sollte und ich sie bat, aus praktischen Gründen, eine Dose Ravioli für mich einzukaufen, fuhr sie zu einem 15 Kilometer entfernten Supermarkt, damit sie "um Himmels Willen" niemand erkennt. "Was sollten denn die Leute denken? Dass es zuhause so ein Zeug zu essen gibt?" Und ich schätze, dass eben dies für meinen Instant-Food-Spleen verantwortlich ist.



Heute gab es "Königsberger Klopse, mit Kartoffelpüree in Kapernsoße". Jedes Mal, auch in diesem Moment, wenn mein Magen sich für eine deftige Portion warme Pappe mit völliger Schwere bedankt, frage ich mich im Nachhinein, wieso ich diese abartige Angewohnheit noch nicht abgelegt habe. Aber ich kann es nicht. Ganz einfach. In einigen Wochen werde ich wieder durch dieses Regal schlendern, mich stundenlang nicht entscheiden können und letztendlich mit einem verstohlenen, schelmischen Grinsen und einer Packung "Rinderroulade mit Spätzle" unter'm Arm, zur Kasse wetzen.

Egal, was Eltern tun, irgendwie machen sie es am Ende ja doch falsch...











MadActor - sein bullrichsalz leert


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