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Für Prof. Julian K.

Text: virgina
Es war Abend geworden. Den ganzen Tag hatte er gearbeitet. Vom Schreibtisch ging er zum Fenster. Er öffnete es und atmete. Trastevere. Langsam schloss er die Augen und verharrte lange Zeit unbewegt. Abendduft. Duft aus den Poren einer Stadt am Ende eines Tages. Mädchenduft. Schweiß in der Achsel einer Geliebten. Basilikum (er lächelte und spürte, dass er Hunger hatte), Wein und der Geruch von Mülltonnen im Hof, der in das Zimmer drang. Schwüle. Müdigkeit befiel ihn..

Die Türglocke. In dem verhallenden Klingeln versuchte er zu hören. Er löste sich wie aus einer Umarmung und ging, um zu öffnen. An der Türe blieb er stehen, vermiede den Blick durch den Treppenschacht und wartete. Als er den Schritt hörte, wußte er, dass sie es war. Sie war es. Jetzt. Er bat sie herein, verhielt sich nicht im mindesten so überrascht wie er war, und ließ sie reden. Er holte Wein, gab ihr davon. Sie erzählte von Rom. Von den Kirchen. Unzählige gäbe es. Die meisten doch. Er glaubte es und ließ sie reden. Von den Italienern, von Mentalität und Lebensfreude. Sie unterhielt sich gut. Begeisterte sich, schwärmte, hob in den Himmel und das Glas. Seine Papiere lagen im Raum verstreut auf dem Boden, auf Stühlen und sie bemerkte es. Sie sah alles durch. Gab Kommentare ab. Es gelang ihm nicht mehr, sie ihr wegzunehmen. Sie wurde betrunken. Er konnte den Wein nicht wegstellen. Sie lachte. Sie war jung. Er ging in die Küche. Sie ihm nach. Er hatte sich nur ein Stück Brot holen wollen. Sie nahm sich Obst und sprach von Italien. Er ließ sie reden und hätte schlafen wollen. Sie stellte Musik an. Fragte ihn über Oper und Konzerte. Hier. Er verneinte und bejahte. Sie rückte näher. Er spürte ihren Atem und ging zum Fenster. Mädchenduft. Er schloß die Augen. Er begann von Elefanten zu sprechen. Plötzlich. Sie verstand nicht und er hörte ihr Lachen. Er sah sie an. Sie hatte es sich bequem gemacht. Er kannte sie kaum und sprach von Elefanten. Nicht zu ihr. Sie war aufgestanden. Sie versuchte über Berninis Elefant zu sprechen. Er sprach weiter von lebenden Elefanten, kleinen, weißen. Verwickelte Elefanten in Geschichten, Märchen, Fabeln. Machte sie zu Hauptfiguren, Romanhelden, Zauberern, zauberte selbst.

Irgendwann, nachdem er lange erzählt hatte, bemerkte er, dass sie gegangen war.

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