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Enik: „Ich wünsche mir, dass ich das Popbusiness überliste“

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jetzt.muenchen: Deine Musik ist schwer einzuordnen. Enik: Alle wundern sich immer, dass mein Album so genrefrei ist. Warum ist das verwunderlich? Nur weil es Leute gibt, die überfordert sind, wenn nach einem Popsong ein Jazzsong kommt. Ich will alles machen dürfen, was ich will. Der Hörer versteht das viel leichter, als die meisten Journalisten und Marketingmenschen. jetzt.muenchen: Immerhin hast du einen guten Plattenvertrag bekommen. Enik: Ja, ich bin froh, dass sie Eier genug hatten, mich zu nehmen. Für mich ist es wichtig, einen mittelgroßen kommerziellen Erfolg zu haben und viele Leute anzusprechen, und zwar nur um zu merken, ob ich das brauche: Erfolg. jetzt.muenchen: Du schreibst auch noch Gedichte und an einem Roman, bist du ein Workaholic? Enik: Es ist die Frage, wie man Workaholic definiert. Ist das jemand, der ganz diszipliniert ist, oder ist das wie bei mir etwas, das einfach raus muss? Ich schreibe vier bis fünf Songs pro Woche und schmeiße viel weg, selbst wenn es gut ist. jetzt.muenchen: Deine Musik wirkt stellenweise auch sehr durchdacht. Enik: Durchdacht ist meine Musik aber eigentlich nicht. Es ist ja mit dem Musikmachen so, wie wenn du mit einer Frau im Bett bist – da musst du intuitiv arbeiten, wenn du das Richtige tun willst. Meine Arbeit reflektiert mich und meine Umgebung, Liebe und Exzess. jetzt.muenchen: Ist München eine gute Stadt für Liebe und Exzess? Enik: Ich kann das hier schon ausleben. In München muss man eben als Künstler mehr aus sich schöpfen, aber das geht schon. Was mich wahnsinnig interessiert, ist das Theater, das hier in der Luft liegt. Das gibt es in Amerika nicht. jetzt.muenchen: Was meinst du mit Theater? Enik: Wenn man zum Beispiel vom Odeonsplatz zur Uni geht, was da für geschichtlichen Energien in der Luft liegen, was da alles passiert ist, das spürt man. In Amerika würde etwas anderes in der Luft liegen, Dylan und Beat-Generation vielleicht, davon bin ich auch Fan. jetzt.muenchen: Wie hat dich München geprägt? Enik: Geprägt hat mich auf jeden Fall mein Jahr auf dem Domagk-Gelände. Das weiß ja fast keiner, dass das die größte Künstlerkolonie Europas war. Und jetzt wird sie abgerissen. Ich habe dort 2003 ein Jahr lang in einem Keller gewohnt und mich als Straßenmusiker durchgeschlagen. Damals habe ich künstlerisch einen großen Sprung gemacht und über 100 Songs geschrieben. jetzt.muenchen: Ist München noch eine Künstlerstadt? Enik: Es fehlt in München ein bisschen ein Forum für das Künstlerpack. Gerade da, wo ich wohne, in Schwabing, gibt es so viele großartige Leute, denen ich aber nur einmal im Jahr begegne, weil es einfach keine Orte gibt, an denen man sich zwanglos trifft. jetzt.muenchen: Also ist das Schwabinger Künstlercafé nur noch eine Phrase? Enik: Ein ganz kleines Ding gibt es noch, ganz unscheinbar, in der Barerstraße. Das heißt Bagels&Muffins und da habe ich sehr viele tolle Leute kennen gelernt, dabei macht der Laden schon um sieben Uhr am Abend zu. jetzt.muenchen: Wie muss denn so ein Künstlerort aussehen? Enik: Der Ort sollte nicht irgendwie poptrendvergiftet sein, sondern ein Forum, wo Leute hingehen und Kaffee trinken. Das Substanz ist ja ganz nett, wobei es da diesen komischen Poetry Slam gibt – das verstehe ich nicht: sich mit Gedichten zu bekämpfen ist ein Unding. jetzt.muenchen: Deine Plattenfirma sitzt in Berlin, lockt dich die Stadt? Enik: Die wollen schon immer, dass ich dorthin ziehe. Aber wenn schon weg von hier, dann vielleicht gleich richtig weit. Ich bin eigentlich ein absoluter Stadtmensch, glaube aber, dass dieser Drang auch bald verschwinden könnte – je mehr Erfolg man hat, umso mehr Ruhe braucht man auch im Privatleben. jetzt.muenchen: Denkst du darüber schon nach?Deine Platte ist doch gerade erst erschienen? Enik: Ich bin jetzt schon total gestresst. Mein Arbeitsrohstoff ist nun mal die Emotion und wenn man so persönliches Zeug macht, braucht man als Ausgleich die Ruhe. Wenn du emotional total überladen bist, ist das Letzte was du machen willst, auf der Wiesn Achterbahn zu fahren. jetzt.muenchen: Woher weißt du, dass du Erfolg haben wirst? Enik: Man weiß das einfach, da bin ich mit einem Gottvertrauen in mich gesegnet. Ich wünsche mir, dass ich das Popbusiness überliste und mich mit gutem Pop einschleiche, um die Leute damit dran zu kriegen und ihnen auf dem Album zu zeigen, dass da noch viel mehr drauf ist. Das ist mein geheimer Plan, den ich gerade verraten habe. Interview: Caroline von Lowtzow, Max Scharnigg Foto: Max Scharnigg

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