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Euer „Monogamie ist Quatsch“ ist Quatsch!

Foto: photocase.com / Cydonna

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Als Beispiel die Geschichte einer Freundin: langjährige Beziehung, Freund hat eine Affäre, Tränen, Streit und Diskussionen folgten, in denen der Freund irgendwann sagte: „Ich glaube, es gibt einfach keine Monogamie und man sollte offenen Beziehungen vielleicht eine Chance geben.“ So lange die Beziehung noch gesund war und funktionierte, hatte er dieses Konzept immer abgelehnt. Und wäre selbst fuchsteufelswild geworden, wenn seine Freundin einen anderen gehabt hätte. Jetzt auf einmal der Sinneswandel. Weil es gut in seine Argumentation passte.

Genau wegen solcher Geschichten geht es mir gehörig auf die Nerven, dass seit einiger Zeit überall die Polygamie gepredigt wird. Gerade erst ist wieder ein Text auf Zeit Online erschienen, der in meiner Timeline munter geteilt wurde, zum Beispiel mit den Worten „Monogamie ist Quatsch“. Das Problem ist nicht der Text an sich, der analysiert das alles sehr eingehend und sachlich durch. Das Problem ist: Menschen nehmen die angebliche polygame Neigung unserer Spezies als Ausrede, um andere Menschen zu verletzen, oder um zu rechtfertigen, dass sie jemanden verletzt haben.

Wir sind keine triebgesteuerten Tiere. Wir haben einen Willen und können "Nein" sagen

Es gibt Monogamie. Und ja, es gibt auch Polygamie. Es gibt nämlich immer das, auf das sich zwei oder drei oder mehr Menschen einigen. Bevor sie eine intime Beziehung miteinander eingehen. Und an das sie sich verdammt noch mal zu halten haben. Und wenn sie in einer monogamen Beziehung merken, dass sie doch lieber mit drei Menschen schlafen würden oder auch einfach nur mit einem anderen als dem Partner, dann müssen sie das mit dem Partner besprechen. Sich trennen, wenn der das nicht möchte. Und erst danach das andere anfangen, sei es was Polygames oder was Monogames oder was auch immer.

Wir sind nämlich keine triebgesteuerten Tiere mit Fortpflanzungsdrang, dem wir instinktiv nachkommen müssen. Wir sind Menschen, wir können Vernunft und Emotionen und Empathie. Wir sind nie, wirklich niemals Opfer unserer Gefühle und – kaum zu glauben! – wir haben einen Willen! Wir können „Nein!“ sagen, wenn es sich anbietet, Sex mit jemandem zu haben, wir aber mit jemand anderem den Deal haben, es nicht zu tun. Und wenn wir trotzdem „Ja“ sagen, ist das ein Ja zum Sex und ein Ja dazu, zu verletzen. Und dann sollten wir auch dazu stehen und sagen: "Ja, ich habe Mist gebaut", statt irgendwas von "die Natur, der Mensch an sich, die Polygamie..." zu quatschen.

Polygamie gilt ja auch gern als Allheilmittel gegen Unglück ­– niemand muss treu sein, alle sind offen miteinander und superhappy. Aber wir würden uns auch gegenseitig verletzen, wenn wir in einer polygamen Gesellschaft leben würden. Menschen verletzen sich immer gegenseitig. Menschen werden auch immer eifersüchtig sein, egal, wie offen sie ihre Beziehungen führen. Eifersucht ist nichts, was die Gesellschaft sich ausgedacht hat. Was sich ändern müsste, damit wir uns nie wieder verletzen? Nicht das vorherrschende Beziehungskonzept, sondern die Art, wie wir miteinander umgehen. Zum Beispiel einfach nicht betrügen und nicht lügen. Machen aber alle andauernd, monogame und polygame Menschen, Männer und Frauen, Alte und Junge, in Beziehungen und in allen anderen Lebenslagen. Ist scheiße. Sollte man lassen.

Als abschließendes Beispiel noch die Geschichte einer anderen Freundin. Die immer von der großen Liebe und vom Heiraten geschwärmt hatte. Und dann ihren Freund betrog. Und währenddessen plötzlich dauernd sagte, es gäbe keine Monogamie, die Gesellschaft habe ihr diese Fesseln angelegt etc. pp. Dabei ist es so viel einfacher: Wenn man jemanden betrügt und damit sehr verletzt, ist nie die böse monogame Gesellschaft schuld. Auch nicht die Beziehung oder der Partner oder die Affäre oder das One Night Stand. Sondern immer ganz allein man selbst.

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