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Meine Straße: Widenmayerstraße

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Niemand kennt eine Straße so gut wie die Menschen, die in ihr leben. Deshalb bitten wir hier regelmäßig junge Münchner, uns ihre Straße zu zeigen – die schönsten Ecken, die besten Läden, die schrulligsten Typen, die nettesten Anekdoten. Heute:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

 

Basti, 29, Marketing Manager

Früher bin ich immer mit dem Bus zur Uni durch diese Straße gefahren und habe mir jedes Mal gedacht: Hier würde ich gern mal wohnen. Ich mag die Straße, weil sie eine der wenigen in München ist, die nur auf einer Seite bebaut sind. Man muss also niemandem ins Wohnzimmer schauen. Aus meinen Fenstern gucke ich nur ins Grün und dahinter auf die Isar, und nachts schwebt der goldglänzende Friedensengel über den Baumspitzen. Außerdem ist die Straße sehr ruhig. Hier sitzen vielen Anwaltskanzleien, tagsüber ist also ein bisschen was los, aber abends gibt es immer Parkplätze.
 
Mein geheimster Lieblingsplatz in dieser Straße ist kurz vor der Luitpoldbrücke, da gibt es einen kleinen verwilderten Abgang zur Isar. Man findet ihn nicht sofort und man muss einmal über einen Zaun steigen und eine versteckte Leiter benutzen, aber es lohnt sich. Am Ufer bildet sich ein kleiner Strand, an dem man herrlich seine Ruhe hat, an heißen Tagen liegen da maximal zehn Leute.
 
Außerdem ist meine Straße natürlich auch die Pumuckl-Straße. Der Meister Eder hatte seine Werkstatt in der Serie im Hinterhof der Widenmayerstraße 2. Leider ist davon heute nichts mehr zu sehen, das Gebäude, in dem gedreht wurde, wurde vor Jahren abgerissen. Aber es hat trotzdem was, dort vorbeizugehen.
 
Kunst gibt es hier auch. Das Kunstfoyer der Versicherungskammer ist toll. Das kostet nicht mal Eintritt und hat immer hochkarätige Ausstellungen zu bieten. Und die Sammlung Schack in der Prinzregentenstraße ist sowieso empfehlenswert. Das ist die ehemalige Privatsammlung des Kunstmäzens Graf Schack, der zu Lebzeiten viele Münchner Künstler aus dem 19. Jahrhundert unterstützt hat. Die Sammlung ist noch immer unverändert zu sehen und hat daher einen starken Stadtbezug, das finde ich irgendwie schön. Außerdem fährt vor dem Gebäude der Sammlung gleich die Buslinie 100, die Museumslinie, ab, mit der fahr ich auch gern durch die Stadt.
 
Der ultimative Geheimtipp für Kuchen ist das Café Stemerowitz in der Emil-Riedel-Straße gleich um die Ecke. Das ist eine winzige Konditorei. Wenn die Eltern mal zu Besuch sind und mit Süßem versorgt werden müssen: Da gibt es wirklich feine Sachen. Im Reitmor3 kann man ganz interessant essen. Die haben eine kleine, aber sehr gemischte Karte, auf der es von griechisch über italienisch bis bayerisch und vom Tsatsiki bis zur hausgemachten Maultasche ungefähr alles gibt. Ich glaub, die haben einfach ihre persönlichen Lieblingsgerichte draufgeknallt und fertig. Und neulich gab es sogar einen chilenischen Abend. Da hat dann eine Bekannte von denen einfach mal groß aufgekocht. Da herrscht eine sehr nette, familiäre Atmosphäre, man kennt sich und macht das, worauf man grad Lust hat.
 
Ich wohne hier zwar sehr nah am Englischen Garten, aber ehrlich gesagt geht der mir jetzt schon seit Längerem auf die Nerven. So überlaufen und an jeder Ecke nerven einen Typen mit ihren Boomboxen. Viel lieber gehe ich deshalb in die Maximiliansanlagen, da kann man ewig spazieren und sich verlaufen, und im Sommer zwischen Teichen und Brücken wunderschön herumliegen und seine Ruhe haben. Und im Winter wird gerodelt.
 
Und was ich so gerne hab, auch wenn das jetzt kein Tipp ist und vielleicht total kitschig klingt, aber: Wenn ich aus meinem Schlafzimmer in den Hinterhof gucke, also zur anderen Seite raus, dann ist da ein Spielplatz und dahinter ein Altenheim. Und manchmal sieht man die Senioren da am Fenster stehen und zu den Kindern rausschauen und das rührt mich dann irgendwie: wie Anfang und Ende des Lebens da so direkt nebeneinanderstehen.

Text: mercedes-lauenstein - Foto: juri-gottschall

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