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Das Blog ist die neue Zeitung

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Angestrichen:  
Twenty years ago this week, a software developer in California ushered in a new era in how we communicate. His name is Dave Winer and on 7 October 1994 he published his first blog post.

Wo steht das?  
Auf der Website des Guardian. In der Tech-Kolumne „The Networker“ schreibt John Naughton über den Verfasser des ersten Blog-Eintrags.  

Worum geht es?  
Zunächst um Dave Winer. Jenen Mann also, dem man das erste Blog zuschreibt. Genauer: Um dessen Bedeutung für das Internet. Die, so Naughton, könne nämlich nicht hoch genug eingeschätzt werden. Winer habe neben dem Blog schließlich auch noch Kommunikationstools wie den Podcast und die RSS erfunden. Dinge, die die Verfügbarkeit von Informationen vereinfacht und beschleunigt haben.  

Deswegen sollte man den 59-jährigen Blogger und Entwickler zu den wichtigsten Internet-Persönlichkeiten zählen. Naughton nennt ihn etwa in einer Reihe mit Tim Berners-Lee, der die Idee für ein weltweites Kommunikationsnetz hatte - und somit das WWW an sich erfunden hat.  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Dass nur wenige den Namen Dave Winer kennen, oder gar wissen, wofür er steht, könnte aber auch daran liegen, dass der Stellenwert von Blogs an sich nicht mehr so hoch ist, wie er einmal war. Einst die neueste (und vor allem umstrittenste) Publikationsform im Netz, sei der Hype laut Naughton weitergezogen.

Was lernen wir daraus?  
Blogs hätten ihre anfängliche Coolness verloren, schreibt Naughton. An ihre Stelle sind kleinere, hippere Formaten getreten: 140 Zeichen bei Twitter oder ein schnelles Foto auf Snapchat – wir betreiben „microblogging“. Und das, wieder Naughton, sei nur ein temporäres Phänomen. Den Formaten werde es genauso ergehen wie den Blogs. Sie werden auch bald wieder out sein. Und hier wird es nun interessant.

Denn der romantische Ton, den Naughton in seine Hymne auf die Blogosphäre legt, sagt noch mehr als seine Worte: Denn wenn wir uns abgewendet haben von den flüchtigen Durchlaufmedien, schreibt er, werden die guten alten Blogs auf uns warten, mit den wirklich interessanten Inhalten. Wir werden zurückkehren - zu fundierten Diskussionen, zusammenhängenden Texten und klugen Gedanken. Blog-Bashing wird ein Ende haben, weil wir uns nach Qualität und Erlösung von schnell zwischen Kaffeemaschine und Klogang hingeworfenen Kurznachrichten sehnen werden.  

Aber Moment! Hat man nicht genau das am Anfang auch über Zeitungen gesagt?! Im Vergleich zu denen galten Blogs als hingeschmiert. Keiner wird das lesen. Bald sind die eh wieder weg und wir werden wieder im Ohrensessel riesenformatige Zeitungen lesen. Es ist die gleiche Nostalgie, mit der man beim Aufkommen der ersten Blogs über die Zeitung gesprochen hat. Nur auf gedrucktem Papier könne man noch die wirklich großen Geschichten erzählen, gut recherchiert von kompetenten Menschen. Damals waren die Nostalgiker Zeitungsmacher und Zeitungsleser, denen das neue Format wohl noch suspekt war - oder dessen Potential sie nicht erkannt hatten.  

Dann wurden Blogs hoch spezialisiert. Professioneller. Wir lesen sie jeden Tag und sprechen ihnen zumindest zu Teilen eine hohe Kompetenz zu, indem was sie tun. Sie kamen im Mainstream an - und scheinen dort, so lässt sich der Text im Guardian zumindest lesen, nun langsam zu altern. Die Intervalle werden da immer kürzer. Die Logik bleibt dieselbe: Sobald man etwas in Gefahr sieht, erinnert man sich der Vorteile und will es gar nicht mehr missen.

Text: gregor-rudat - Foto: Joi Ito; Collage: Daniela Rudolf

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