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Zwei, die sich nicht verstehen: Jurastudenten vs. Polizisten

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Die Situation  

Neunmal müssen die beiden Polizeibeamten klingeln, bevor jemand mit der Frage "Habt ihr auch Alk dabei?", endlich auf den Türöffner drückt. Dabei haben sie extra ihre Partie Stadt-Land-Ordnungswidrigkeit unterbrochen, um der Beschwerde einer alten Dame nachzugehen. Weitere Fünf Minuten dauert es, bis der Gastgeber aus der Toilette geholt und zurechtgemacht worden ist. Aber die Zeit ist bei Weitem nicht vertan, denn statt des Gastgebers hat sich an der Tür relativ zügig ein Grüppchen junger Herren in vergleichsweise reifen Outfits positioniert. Die Jura-Studenten. Sie wissen genau, was die Beamten hier dürfen und was nicht! Denken sie jedenfalls. Und so folgt ein juristischer Diskurs der Halbwissenden. Man heizt sich gegenseitig auf. Die Beamten, etwas in die Ecke gedrängt, wollen sich keine Blöße geben und greifen strenger durch, als sie eigentlich wollen. Die jungen Juristen, empört vom schroffen Ton der Beamten, ereifern sich schwitzend in immer entfernter mit dem Fall verwandten Paragraphen. Streberhafter als sie eigentlich wollen. Während die Musik schon lange aus ist, schallt erbittertes Geschrei über Recht und Unrecht durchs Treppenhaus.   

Dort treffen sie aufeinander

In Studenten-WGs und auf Kneipenstraßen. Vereinzelt in Verkehrskontrollen oder am Bahnsteig.    

Darum hassen sie einander   

Abgesehen von der Grundverdrossenheit, die die Jahre der Nachtschichten mit sich bringen, hassen Polizisten Jurastudenten deswegen besonders, weil die "ihre Rechte kennen". Denken sie jedenfalls. Andersrum nervt es viele Jurastudenten, dass die Polizisten, die "ja wohl nicht mal studiert haben", ihnen überlegen sind und sie gegebenenfalls in die Ausnüchterungszelle packen können. Das wird in diesem Konflikt leider allzu oft laut ausgesprochen, was die gegenseitige Sympathie nicht fördert. Dabei vereint die beiden Gruppen eigentlich ihre Leidenschaft: der Kampf für Recht und Ordnung.      

Das ist die besondere Schönheit dieses Konflikts

Der Konflikt unterhält die ganze Party und bringt ihr kostbare Zeit. Zudem neutralisieren Jurastudenten und Polizisten einander, weshalb sie niemanden sonst belästigen. Besonders attraktiv daran ist aber die Wortwahl, in der der tiefe Hass formuliert wird. Der gesellschaftliche Selbstanspruch, beziehungsweise die Dienstvorschriften hindern die beiden Parteien daran zu klassischen Schimpfwörtern zu greifen, während die Gesichtsausdrücke selbst zusehends zensiert gehören. Die Pedanterie, mit der die hässlichsten Vorwürfe in juristisch unverfängliche Feststellungen gepresst werden, wobei stets die höfliche Sie-Form eingehalten wird, ist selbst für den komatösesten Zuschauer höchstes Entertainment.    

Das können wir von ihnen lernen

Außer ein paar Paragraphen und dem einen oder anderen Rechtsgrundsatz, den man theoretisch aus dem Disput mitnehmen könnte, lehrt dieses Duell vor allem, wie man scheußliche Inhalte nett verpacken kann.

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