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Kosmoshörer, Folge 4

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Montag

http://www.youtube.com/watch?v=fp0xjVzmKxY

Vorvergangene Woche war Urlaub. Zu Hause. Also da, wo ich immer wohne, meine ich. War trotzdem sauschön. Wie schon mal erwähnt, waren The Milk Carton Kids der Soundtrack der freien Tage. Freund P. hat mir die empfohlen, wie er mir eigentlich immer etwas empfiehlt, wenn wir einander sehen. Dazu gleich mehr.  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Montag also – und so schön es ist, hier zu arbeiten, ein wenig aufhellen musste ich meine Stimmung schon. Deshalb bin ich erstens mit dem Auto gefahren und habe mich zweitens sehr gefreut, in dem Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi wiederzuentdecken. Die Raps von Schauspieler Rober Gwisdek haben schon etwas latent Strebermäßiges. Aber ich kann mich über Zeilen wie "Hallo alle Dinge, die unfassbar übertrieben flauschig sind/Alle die bewiesen, jedoch schier unglaublich sind" sehr, sehr freuen.

Dienstag

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



In einem früheren Leben war ich mal Feuilletonist – haben jedenfalls die Kollegen immer behauptet. Quasi als eine Art Wurmfortsatz dessen schreibe ich noch gelegentlich für die Kultur der SZ. Unter anderem eine unregelmäßige Kolumne mit Empfehlungen für München. Das war diesmal erstens eine willkommene Gelegenheit, mal wieder das gemeinsame Album von Folk-Weirdo Adam Green und Muse Binki Shapiro zu hören und es Recherche zu nennen. Die Zeile "Even my Lolitas are growing up" (aus dem Song "What's the Reward") finde ich nachhaltig gut. Und es war zweitens die Chance, Soki Green zu empfehlen. In der Münchner Band spielt auch besagter Freund P. – wir sprechen also von Vetternwirtschaft erster Güte. Und warum, frage ich, sollte die nicht hier weitergehen?! Die kräuterlikör-artig sämigen Songs sind einfach wunderschön:

http://soundcloud.com/sokigreen/my-oldest

Mittwoch ...

... muss ich unsere Münchenseite in der SZ bauen und redigieren und viel zu oft auch schreiben. Saustressig ist das. Finde ich. Oft schlaf ich von Dienstag auf Mittwoch schlecht. Dann brauche ich Musik, die alles ist: beruhigend und gleichzeitig konzentrationsfördernd, im Klang voll genug, um den Pegel im Großraumbüro zu dämpfen, aber doch auch wieder so wenig aufdringlich, dass mein Hirn sie in den Hintergrund dimmen kann. Wie ich festgestellt habe, funktioniert Klassik da am besten. Also bitte: Mozart. 

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Oder auch Bach. Weshalb ich nochmals dringend auf Chris Thile hinweisen muss. Der kalifornische Mandolinist spielt in Formationen wie den Punch Brothers im Hauptberuf Folk und vor allem diesen wieselflinken Yippie-Ka-Yay-Bluegrass. Er hat aber vor ein paar Monaten ein Album veröffentlicht, auf dem er Solo-Violinen-Stücke von Johann Sebastian Bach interpretiert. Ich habe von Bach genauso wenig Ahnung wie von Mozart. Aber mir haut’s den Schalter raus, wenn ich das höre. Ach so: Am viel gelobten Soundtrack von "Inside Llewyn Davis" hat er auch mitgearbeitet.

http://www.youtube.com/watch?v=NloB_UecPno

Wenigstens auf dem Weg in die Redaktion gab’s aber was mit Gitarren: Beady Eye, die Band von Liam Gallagher. Ich finde im ewigen Bruderkrieg die High Flying Birds von Noel noch etwas besser. Aber wenigstens das erste Beady-Eye-Album ist schon auch gigantisch gut.  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Donnerstag

http://www.youtube.com/watch?v=qxv-kjd0Qmc

Weil's nach dem Klassik-Ausflug auch schon wurscht ist: Jazz mag ich auch. Habe meinem Papa zu Weihnachten unter anderem eine Biographie des Pianisten Esbjörn Svensson geschenkt. Sein Trio war für den Jazz in etwa das, was Pink Floyd für die Rockmusik war: ein ästhetisches Gesamterlebnis aus unendlich weit tragender Melodieschönheit und gigantischer Show drumherum. Leider ist Svensson, der etwas hatte, was sich mir bei Pianisten nicht erschließt, nämlich einen unverkennbaren Ton, 2008 bei einem Tauchunfall ums Leben gekommen.  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Morgens übrigens einen Testballon steigen lassen: Radio hören (Bayern 2) – sowohl zum Joggen als auch zum Frühstück. Bin noch ambivalent, was das Ergebnis angeht. War sehr anregend – riecht mir aber auch arg nach ekelhafter Selbstoptimierung. Nächster Schritt: Während des Duschens noch Zeitung lesen.

Freitag
Kater. Bin mit Komponistenfreund H. (51) am Vorabend ganz schwer bei Rotwein und Diskussionen darüber versumpft, ob man als Musiker (sowohl Komponist als auch Instrumentalist) wahrhaftig genial und trotzdem normal im Kopf sein kann. Ich führte für meine Position (ja, das geht) gleich mehrere meiner Lieblingsgitarristen und Komponisten ins Feld, brachte sie wie eine übermächtige Armee in Stellung, holte zu einem vernichtenden Schlag aus – und stellte fest, dass sie eigentlich doch alle einen an der Klatsche haben. Also ärgerte ich mich kurz und dann machte H. noch eine Flasche auf.

Den ganzen Freitag über dafür die Rechnung gezahlt. Grantig gewesen und über mehrere Stunden vor allem dies gehört:

http://www.youtube.com/watch?v=AJmT9c1i4yY

Mehr Hass!
  
Samstag

http://www.youtube.com/watch?v=q3gnxO8bUxQ

Frühstücks-Vorbereitungen mit Gregory Alan Isakov. Habe den im Abspann einer Folge von "Californication" gehört und geshazamt. Seither: regelmäßiger Gast in ruhigen Momenten des Schwelgens. Mittags wollte die Frau, die ich gut kenne, an die Luft. Also ab an den Weßlinger See und auf dem Weg Ben Folds hören. Der Kollege Stremmel mag den Pianisten nicht, weil er ihm "zu bluesrockig" ist. Das beweist mal wieder, was für ein kapital promovierter Lurch er in Sachen Musik ist (DJ eben ...).

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Sonntag

http://www.youtube.com/watch?v=5lE0lQt--gg

Jazz-Matinee in der BMW-Welt. Danach war abends nur noch Kraft für etwas Foy Vance (dringend mal Versuchen: den Namen mit österreichischem Dialekt aussprechen ...). Einer meiner liebsten unter den ganzen Folkigen.

Auf der nächsten Seite: Der ausgefüllte Musik-Fragebogen von Jakob.        



"Gute Musik" – was ist das für dich?
Ich weiß es nicht. Punkt. Aber die Frau, die mich gut kennt, imitiert regelmäßig einen Gesichtsausdruck, den ich bekomme, wenn ich welche höre. Er sieht wohl etwas aus wie bei einem herankribbelnden Niesen, steigert sich dann zu einer grobfaltigeren Grimasse und am Ende erbreche ich dann eine Art Jubelschrei. Wenn das passiert, hat mich die seltsame Magie erwischt, die zu entdecken und erklären Feuilletonisten gerne viele hundert Zeilen bekommen sollen. Täglich.

Wie hörst du Musik: Klassisch im CD-Spieler, auf dem Handy, über Streaming-Portale?
Eigentlich: Platten zu Hause. CDs im Auto. MP3s unterwegs. Leider ist mein Plattenspieler kaputt. Wer also jemanden in München kennt, der einen alten Linn LP12 reparieren kann: bitte, bitte melden! Nach eher altmodischem Denken: besitzen, nicht streamen.  

Wo hörst du Musik? Vor allem unterwegs, nur daheim, zum Einschlafen?
Zu selten, ohne irgendetwas anderes dabei zu tun. Weil: außer zum Einschlafen eigentlich immer und überall und zu allem.

Hast du eine Lieblingsband oder Musiker, von denen du alles hörst?
Nein. Gefühlt sehr regelmäßig und auch immer wieder neu begleiten mich aber: Guns’n’Roses, Beastie Boys, Jimi Hendrix, Kanye West, Harry Nilsson, Justice, The Mars Volta, Red Hot Chili Peppers, Chilly Gonzales, Jack White, Jakob Dylan, Mute Math, Nikko Weidemann, Ryan Adams, Rage Against The Machine, Tom Waits.

Welche Musik magst du gar nicht und warum?
Musik, die lieber schlau als gefühlig sein will. Und ich musste mir irgendwann eingestehen, dass ich bei fast jeder Musik mit Stampfbassdrum schlechte Laune bekomme – was sich verstärkt, wenn alle anderen das Whoohen anfangen, nur weil der DJ am EQ-Regler herumnästelt.

Was war deine erste eigene Platte - und wohin ging dein Musikgeschmack von da aus?
Eine Compilation mit "Looking for Freedom" von David Hasselhoff. Das erste richtige Album war "Thriller" von Michael Jackson. Also ging’s wohl in eine gute Richtung.  

Gehst du gern auf Konzerte, und auf welche zuletzt?
Sehr gerne. Eine Zeitlang auch fast hauptberuflich. Zuletzt zwei mal Jazz: Mostly Other People do the Killing (extrem anstrengend in sehr geil) und Echoes of Swing (sehr elegant in etwas gediegen). Das letzte Dauer-Nieser-im-Anflug-Gesicht hatte ich wohl bei Nick Cave & The Bad Seeds im Zenith und Foy Vance im Milla.

Wie entdeckst du neue Musik und was ist deine neueste Entdeckung?
Eine Mischung aus Empfehlungen, Bemusterungen von Labels, Feuilletons (im weitesten Sinne), Zufallsentdeckungen und Radio (in absteigender Bedeutung).

Verrate uns einen guten Song zum...  Aufwachen: Supermax – Lovemachine http://www.youtube.com/watch?v=68ePU-qvJnI

Tanzen: Eigentlich würde ich sagen: Mandrill – Fat City Strut; Aber leider habe ich mit deren Schlagzeuger eine sehr unglückliche musikalische Vergangenheit. Also lieber: Ripple – I Don’t Know What it is But it Sure is Funky     http://www.youtube.com/watch?v=R-3UauuSkgM

Traurig sein: Element of Crime – Die letzte U-Bahn geht später http://www.youtube.com/watch?v=EW5HLF-Z3qg

Sport treiben: Red Hot Chili Peppers – Readymade http://www.youtube.com/watch?v=TLO_HugWz0M


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