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Was droht mir beim Containern?

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Die einen tun es aus Protest gegen Konsum und Wegwerfgesellschaft, die anderen wollen einfach nur was umsonst: Containerer treffen sich an den Abfallanlagen von Supermärkten und durchsuchen diese nach essbaren Lebensmitteln. Das ist häufig ziemlich ergiebig, da täglich Tonnen von einwandfreien Produkten in diesen Anlagen landen. Diese Aktionen finden meist nachts im Schutz der Dunkelheit statt, denn containern kann illegal sein. Das mussten jetzt auch drei Studenten aus Witzenhausen erfahren, die deswegen vor Gericht stehen und im schlimmsten Fall mit drei Monaten Haft rechnen müssen. Der Knackpunkt bei der Frage nach möglichen Gesetzesverstößen beim Containern ist, wie stark der Supermarkt seinen Müllcontainer gegen fremden Zugriff absichert hat. „Wer sich an einem unabgeschlossenen Container bedient, der offen zugänglich ist, hat am wenigsten zu befürchten“, erklärt der Duisburger Jurist Dr. Jürgen Weber die Rechtslage. Der Gedanke vieler Containender, dass zum Wegwurf bestimmtes Essen wertlos sei und somit auch kein Diebstahl, ist falsch. In Deutschland kann auch Müll einem Eigentümer zugeordnet werden, wer diesen mitnimmt, begeht prinzipiell eine Straftat. „Liegt der Wert der gestohlenen Gegenstände jedoch unter 50 Euro, so erfolgt die Anzeige nur, wenn der Supermarktbetreiber einen Strafantrag stellt“, so Dr. Weber. In diesem Fall ist man also auf die Milde des Betreibers angewiesen.   Übersteigt der Wert der Waren 50 Euro, geht der Fall direkt an die Staatsanwaltschaft. „Auch hier liegt“, wie Dr. Weber sagt, „die weitere Verfolgung im Ermessen des Staatsanwaltes." Wenn kein sogenanntes öffentliches Interesse an der Verurteilung des Täters liegt, kann dieser die Anzeige fallen lassen, was im Fall des Containerns ziemlich wahrscheinlich ist.   Ähnlich verhält es sich mit dem Tatbestand des Hausfriedensbruchs. „Dieser“, sagt Herr Dr. Weber „liegt vor, sobald ein offensichtlich befriedeter Besitz betreten wird, das heißt, der Containerer zum Beispiel über einen Zaun klettert.“ Auch hierfür erfolgt die Anzeige nur auf Antrag des Supermarktbesitzers. Schwerwiegender wird die Straftat, wenn beim Containern ein Schloss oder eine Tür beschädigt wird. In diesem Fall liegt eine Sachbeschädigung vor und das Interesse des Supermarktbesitzers, der jetzt einen tatsächlichen Schaden hat, an einer Strafverfolgung steigt.  In diesem Fall empfiehlt sich der Satz „Das war schon so!“ Es liegt dann an der Staatsanwaltschaft dem Täter das Gegenteil zu beweisen, wie Rechtsanwalt Michael Heinemann aus strafrechtlicher Erfahrung rät. Abgesehen von der rechtlichen Grundlage ist der erwischte Containerer auch davon abhängig, wie sehr der Geschädigte auf seinem Recht beharrt. Den meisten Supermarktbetreibern ist eher daran gelegen, einen solchen Vorfall nicht an die große Glocke zu hängen, denn Containern erfreut sich allgemein großer Sympathie. Die Problematik der Lebensmittelverschwendung ist bekannt und wenn ein Großkonzern wie Rewe Haftstrafen für Jugendliche verlangt, die sich nehmen, was er ohnehin weggeworfen hat, ist das natürlich nicht die beste Art der Publicity. Deshalb wird von einer Anzeige oft abgesehen. Laut Erfahrungsberichten im Forum auf Containern.de ist auch unter Polizisten tendenziell eher Verständnis zu erwarten. Allerdings gilt auch hier: Vereinzelt trifft man sicher auch auf Polizisten, die mit dieser Form des Protests nicht einverstanden sind. Das Lexikon des guten Gewissens empfiehlt demnach, auch beim Containern im Rahmen des Legalen zu bleiben. In letzter Instanz entscheidet allerdings der Staatsanwalt, ob es zur Anzeige kommt. Jetzt-Praktikant Piet van Riesenbeck, 22, hätte nach der Recherche fürs Lexikon lieber Jura studiert und würde Containerer auch nicht verknacken.   Fünf Tipps zum Containern: 1. Kaputte Schlösser und Türen nerven den Marktbesitzer. Containern mit Sachbeschädigung führt daher eher zu Anzeigen 2. Wer über Zäune klettert, begeht Hausfriedensbruch. Containern gilt in Deutschland als Diebstahl. Bleibt der Warenwert unter 50 Euro, gilt der Diebstahl aber als geringfügig. 3. Wenn du dir unsicher bist, wo in deiner Stadt containert wird und welche Supermärkte prinzipiell dafür offen sind: Auf Seiten wie www.containern.de werden diese Dinge diskutiert. 4. Der Staatsanwalt entscheidet am Ende über die Strafverfolgung. Wenn bisherige Fälle hart bestraft wurden: Lieber Finger weg! 5. Nicht in Panik geraten! Die meisten Anzeigen werden im Laufe des Verfahrens fallen gelassen, eine Entschuldigung beim Supermarkt kann auch helfen.

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