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Mädchen, fühlt ihr euch von Frauenmagazinen gut vertreten?

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Nein, ich hatte mich nicht vergriffen. Beim Friseur wartend, hatte ich mir das handliche, grell glänzende Heftchen ganz gezielt vom Tisch genommen: Couch, das Wohn- und Fashionmagazin. Moderner Nestbau für Frauen, dachte ich, warum nicht mal einen Blick riskieren. Ich blätterte und sah: Sofas und Sessel, Stühle, Schemel, Lampenschirme. Gardinen, Decken, Kleider und Tücher. Soweit war drin, was drauf stand. Aber es gab noch mehr. Kleine gekritzelte Sonnen, Vögel, Federn und Kaffeetassen, und immer wieder Blumen, in hübschen, farblich passenden Vasen. Eine Pracht. Genau wie die Räume, in denen sie standen – in majestätischer Größe, mit weißen Fenstertüren und Blick auf Palmenstrände.

Ich wollte herausfinden, für wen Couch gemacht wird. Der Verlag schreibt: für "junge, wohninteressierte Frauen im Alter von 20 bis 39 Jahren. Freunde, Partnerschaft, Familie und soziale Netzwerke sind ihnen sehr wichtig, sie sind äußerst mode- und beautyinteressiert." Das heißt: Couch ist für euch alle da!
 
Ich suchte am Kiosk nach anderen Junge-Frauen-Magazinen. Denen, die euch vielleicht mehr bieten wollen als nur Wohn- und Modeideen. Ich fand: Myself, Maxi, Glamour, Jolie, InStyle, Cosmopolitan. Alle wollen sie das Gleiche. Und irgendwie sind auch alle gleich: Lebenswelten aus Klamotten, Make-Up und Muffinrezepten. Jeweils das Neueste vom Neuesten, denn eines scheint den Heftmachern besonders wichtig: Trends setzen, verbreiten, neu erfinden. Ein einziger, in die Länge gezogener Trend, so ein Frauen-Only-Heft.
 
Ich wollte mich mit dem Gegencheck beruhigen. Also prüfte ich: GQ, Men’s Health, Beef, Playboy, Business Punk. Na gut: auch alle irgendwie gleich. Viel Sport, teures Männerspielzeug und Frauen mit wenig an. Ich war ein Stückweit enttäuscht. Aber eben nur ein Stückweit. Denn mal ehrlich: lieber Fakten über neue Mini-Cooper, Tipps fürs Boxtraining, Bikinifotos und ein Interview mit Jogi Löw, als die immergleichen Vorzeigezimmer mit Blumenvasen und Fotogeschichten über Promis im Pech.
 
Und damit zu einem interessanten Punkt: der Darstellung von Mann und Frau an sich. Ich finde, Männermagazine machen euch nicht schlecht. Im Gegenteil, sie heroisieren euch! Zugegeben, das Privileg, von ihnen vergöttert zu werden, wird nur den modelmäßigsten und braungebranntesten von euch zuteil. Aber das finde ich immer noch besser als das Pendant dazu: Der durchschnittliche Mann in den Augen der Frauenzeitschrift ist nämlich in aller Regel unorganisiert, fußball-, porno- und selbstsüchtig. Vielleicht mit Ausnahme von Ryan Gosling.
 
Mädels, ich unterstelle euch ja nicht, dass ihr glaubt, was in diesen Blumenheften steht – aber warum kauft ihr sie dann? Fühlt ihr euch von dem märchenhaften Glitzer trotz allem irgendwie würdig vertreten, so wie wir Männerzeitschriften insgesamt schon okay finden? Würde uns mal interessieren.


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Entschuldigung, dass ich gleich so furios einsteige, aber: Wie bitte? Du fragst wirklich, ob wir uns von Frauenmagazinen, die im Rosa-vs.-Blau-Modus daherkommen, angesprochen fühlen? Waren wir uns denn nicht längst darüber einig, dass es mit dem intelligenzfördernden Effekt dieser Hefte ähnlich ist wie mit dem Gesundheitsfaktor eines Big Mäcs?

Ich will nicht für alle Frauen sprechen, aber meine Antwort darauf lautet: Nein, ich fühle mich natürlich NICHT von diesen Magazinen identitätsstiftend angesprochen. Sie sind für mich nicht mehr als das Fastfood unter allem Lesbaren, der kurz-und-geil-eingeworfene Schund, nach dem einem immer ein bisschen schlecht ist und man weiß: Das muss ich mir eigentlich nicht nochmal antun. Bis einige Monate rum sind, und man dann doch mal wieder zugreift - Schundigkeitsteufelskreis reloaded.

Aber ist es denn so nicht mit wahnsinnig vielen Dingen? Ich meine, warum gucke ich manchmal RTL? Warum füttere ich mein Hirn alle paar Wochen mit unnötigen und unbelegten Fakten über Promi-Urin und Modetrends, die ich eh schon aus dem Internet kenne? Warum esse ich alle paar Wochen XXL-Pommes mit XXL-Mayo, obwohl ich weiß, dass ich mir danach wünsche, das meinen armen Zellen nicht angetan zu haben? 

Natürlich: Es wäre schön, wenn Deutschlands Frauenmagazine weniger tussihaft wären. Warum können wir nicht so etwas haben wie die Annabelle in der Schweiz oder die Donna, das Magazin der italienischen Zeitung La Repubblica? Klar, die sind auch nicht frei von gelegentlicher Langeweile oder Themen, die aufregen, aber das ist Geschmackssache. Entscheidend ist, dass sie nicht ganz so klischeereduziert daherkommen. Aber na gut, was soll man sagen: Die Cover zum Beispiel versucht es ja dann doch mit einem modernen Frauenbild, und wenn man mal so richtig ehrlich ist, dann findet man in der Brigitte, in der Cosmopolitan und in all den anderen Frauenheften hierzulande immer wieder mal ein gutes Interview, eine gute Reportage, ein lustige Kolumne. Die Damen und Herren in den Redaktionen auf hirnlose Funzeln zu reduzieren wäre ungerecht. Sie müssen sich vielleicht nach Verkaufsmustern richten, aber auch sie beobachten die Welt und haben immer mal ganz gute Ideen zwischen all den weniger interessanten, eher, naja, sagen wir berieselnden Angeblich-Pflichtthemen wie Diät, Sexgeständnissen, Schminke undsoweiter. Ist so, sorry, auch wenn ich diese Hefte damit keinesfalls von ihrer furchtbaren Grundaufmachung befreien will und sich viele interessant angeteaserte Themen meist doch als informationsbefreite Hohlnummer entpuppen. 

Fakt ist, dass es mir mit diesen Heften im Grunde kaum anders geht als dir, wenn du sagst, dass du diese Klischeeblätter grundsätzlich mit der größtmöglichen ironischen Distanz betrachtest, dann aber erstaunlicherweise doch immer irgendetwas darin findest, was „insgesamt okay“ ist. Sei es jetzt dein Jogi Löw-Interview oder die Mini-Cooper-Fakten. Unglücklicherweise bin ich weder ein Fußball- noch ein Automädchen, auch wenn ich es grad gern wäre um hier die volle Portion Geschlechterneutralität abzuliefern, aber mein Gott, dann lass es eben das Lena-Dunham-Interview oder die zwanzig erfolgreichsten Frauen im Porträt sein: Finde ich schon ganz interessant, wenn ich irgendwo im Wartezimmer hocke. Dafür überblättere ich die siebzigste Anleitung zum perfekten Lidstrich oder die achtzigste Aufregerkolumne über den aufräumunwilligen Göttergatten gern, na und? Wer zieht sich diese Hefte denn überhaupt in einer auch nur annähernd anspruchsvollen Ernsthaftigkeit rein? Ich glaube der größte Fehler, den man machen kann, ist es, solche Sachen immer gleich so furchtbar ernst zu nehmen. Für mich gehören sie von Natur aus in der Rubrik „Schundhefte“ verräumt und ich lese sie vor allem beim Friseur, beim Arzt oder im Café gern: Eben alle paar Monate mal und fast ausschließlich, wenn ich sie kostenlos hingelegt bekomme.

Dann lese ich aber übrigens auch immer genauso gern in die GQ, den Playboy und andere gleichsam zweifelhafte Blätter hinein. Um ... ja warum? Das ist vielleicht sogar ein ganz entscheidender Punkt: Um mich innerlich ein wenig aufzuregen! Ich rege mich gern auf! Ah, schlechte Welt, dumme Klischees, Sexismus, Idioten, wo ist denn da der Informationsgehalt, brauchts denn das, herrje, wie sieht denn die Beckham schon wieder aus, die alte Hexe, und was zur Hölle finden meine Freundinnen an diesem Gosling-Bubi so rattenscharf?

Und wenn wir schon beim Aufregen sind: Nein, nein, nein, in Männerheften geschieht überhaupt gar keine ausschließliche Heroisierung der Frau zu ihrem Vorteil! Da geschieht eine Reduktion der Frau aufs Sexobjekt! Aber das ist ja jetzt nochmal wieder ein ganz neues, äh altes Fass, indem ich jetzt der Textlänge zuliebe nicht auch noch einmal ausführlich herumrühren will. Womit du aber natürlich Recht hast: In Frauenmagazinen kommen Männer mindestens genauso schlecht weg, wie Frauen in Männermagazinen, wenn auch anders. 

Was bleibt also zu sagen? Ein Glück, jeder darf lesen was er will und sich seine eigene Meinung über die Weltlogik bilden. 


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