Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Die Supergroup des Liedermachens

Teile diesen Beitrag mit Anderen:



In der Pressemitteilung zu eurem Album steht, dass ihr musikhistorisches Neuland betreten würdet. Ist das nicht ein bisschen dick aufgetragen?
Gisbert zu Knyphausen: Das ist sicherlich etwas übertrieben. Damit ist eher gemeint, dass es nicht so viele Zusammenarbeiten von Musikern wie uns gibt. Wir sind ja beide Singer/Songwriter mit eigenen Platten und Karrieren, die jetzt zusammenarbeiten. Sicherlich gibt es auch dafür schon Beispiele, darum ist es musikhistorisch sicherlich kein Neuland.  

Was unterscheidet euch denn? Immerhin seid ihr erstmal beide Singer/Songwriter, deutschsprachig, mit nachdenklichen Texten und einem ähnlichen Zielpublikum.
Nils Koppruch: Gisbert hat definitiv eine andere Stimme als ich. Das ist der offensichtlichste Unterschied. Wir schreiben anders Songs, sowohl von der Melodieführung und als auch von der textlichen Seite her.

Euer Albumcover und der Bandname „Kid Kopphausen“ erinnert stark an Western und Country. Ist das eine gewollte Anspielung?
Gisbert zu Knyphausen: Nein, überhaupt nicht. Wir wollten ein Retrostil für das Albumcover, ein bisschen an die Bluenote-Jazz-Cover der 60er Jahre. Die Western-Assoziation kam erst später dazu, wir haben uns aber nicht dagegen gewehrt. Möglicherweise erinnert das Cover auch an ein Filmplakat dieser Zeit.
Nils Koppruch: Country und Western war für mich nie eine Assoziation, gerade weil diese Themen bei meiner alten Band (Fink Anm. d. Red.) immer wieder im Vordergrund standen. Mir gefällt dann eher die Anspielung auf alte Agentenfilme oder Klassiker wie Bullit mit Steve McQueen.
Gisbert zu Knyphausen: Einigen wir uns darauf, dass die Inspiration eher Bluenote-Cover waren.  

Wie kam es denn überhaupt zu der Zusammenarbeit?
Gisbert zu Knyphausen: Wir sind uns in Hamburg über den Weg gelaufen. Eine Bekannte von Nils hat ihm meine MySpace-Seite empfohlen und er hat damals seine erste Soloplatte „Den Teufel tun“ rausgebracht. Er hat mich gefragt, ob ich nicht im Vorprogramm seines Konzerts im Uebel & Gefährlich spielen will. Beim Kaffee davor waren wir uns dann sympathisch.
Nils Koppruch: Ich habe ihn danach einfach etwas im Auge behalten. Ein paar Jahre später wurden wir unabhängig voneinander für einen Duett-Sampler des Hamburger Obdachlosenmagazins „Hinz & Kunzt“ angefragt. Mir ist nur ein wirklich passender Duettpartner eingefallen und darum hab ich Gisbert gefragt. Gisbert zu Knyphausen: Und das war cool. Darum stand danach auch die Idee im Raum, das Ganze zu wiederholen.  

Gisbert, kanntest du Nils als Musiker schon vorher?
Gisbert zu Knyphausen: Ja, als ich anfing deutsche Songs zu schreiben, habe ich mich auch mehr mit ihren Interpreten beschäftigt. Dabei bin ich auch auf Nils Koppruch oder besser gesagt auf Fink gestoßen. Damals war gerade ihre letzte Platte „Bam Bam Bam“ erschienen.  

Ein Teaser zum Album:

http://www.youtube.com/watch?v=0ZuY2Kl7hh0


Verlief eure Zusammenarbeit von Anfang an harmonisch? Immerhin seid ihr ja beide Frontleute. Gisbert zu Knyphausen: Richtige Hahnenkämpfe gab es keine. So ein Ego-Ding war nie ein Thema. Wir mussten uns eher an die Arbeitsweise des anderen gewöhnen. Immerhin geht jeder das Projekt „Neue Platte“ anders an.
Nils Koppruch: Bevor wir uns endgültig zu einer Zusammenarbeit entschlossen haben, gab es genug Gelegenheiten uns auszuprobieren. Wir haben gegenseitig im Vorprogramm gespielt, hatten eine Single zusammengeschrieben und uns mehrfach getroffen. Das heißt, es war nicht ganz unvorbereitet, sondern eher gut durchdacht. Sonst hätte es kein Sinn gemacht.

  
Ist es vielleicht auch eine Entlastung, wenn beide Erfahrung als Frontmann und Songwriter haben?
Nils Koppruch: Das kann schon sein, jedenfalls habe ich noch nie so entspannt ein Album aufgenommen. Die Aufgaben sind einfach auf zwei Schultern verteilt, ob es nun das Song schreiben oder die Kommunikation mit der Plattenfirma ist.
Gisbert zu Knyphausen: Ja, genau. Man teilt sich schon die Verantwortung und kann sich auch mal zurücknehmen, einfach mal den Kontroll-Freak in sich loslassen.
Nils Koppruch: Dazu gehört aber auch, sich zurückzunehmen und die Band zu akzeptieren. Manche Sachen hätte man allein anders gemacht, aber nun war man einfach zu zweit und dass bedeutet auch Kompromisse.  

Wie habt ihr eure Songs im Vorfeld der Studioproduktion geschrieben? Wie darf man sich den Mailaustausch zwischen Knyphausen und Koppruch vorstellen?
Gisbert zu Knyphausen: Wir haben irgendwann angefangen, uns ganz regelmäßig Mails zu schicken und versucht aus der Korrespondenz Ideen ziehen zu können. Das ging von guten Zeitungstexten bis zu einzelnen Zeilen oder Reimen, die wir einander geschickt haben. Songschnipsel waren auch dabei.  

Das heißt, als ihr euch zur Aufnahme getroffen habt, stand das komplette Album „I“?
Nils Koppruch: Genau, bis auf eine paar Zeilen von „Hier bin ich“. Mit der Band haben wir im Oktober angefangen zu proben. Alle (Jazz-)Musiker hatten das musikalische Material also schon vorher und konnten ihre Interpretation zum Klang einbringen.
Gisbert zu Knyphausen: Wir haben vor den Studioaufnahmen sehr viel geprobt und nur ein paar Stellen offen gelassen. Bei der Produktion ging es nur noch um Details. Das ist ja auch eine Kostenfrage. Wir hatten eher ein straffes Programm mit 15 Songs in zwei Wochen. Zeit für grundsätzliche Entscheidungen bleibt da wenig. Eingespielt wurde live und nur der Gesang musste aus technischen Gründen separat aufgenommen werden.
Nils Koppruch: Sehr schade eigentlich. Aber ich war außerdem erkältet, darum wäre Livegesang nicht möglich gewesen.  

Gibt es Songs, von denen ihr sagen könnt, dass sie so nie auf einer Knyphausen oder Koppruch Soloplatte möglich wären?
Nils Koppruch: (spontan) Alle. (überlegt kurz) Nein, quatsch. Nicht alle. Ein-Zwei Songs würde ich auch allein so machen. (lacht)
Gisbert zu Knyphausen: Es gibt wirklich viele Beispiele dafür. So etwas wie den Moses Song gab es auf meinen Platten noch nie.
Nils Koppruch: Auf meinen auch nicht, jedenfalls nicht in dieser Konsequenz.
Gisbert zu Knyphausen: Auch „Schon so lang“ mit dem extrem ruhigen A-Cappella-Stück und der dann folgenden Punkband ist etwas ganz Neues für mich.
Nils Koppruch: Ich sagen doch nochmal: Alle!  

Seid ihr auf dieses Album stolzer als auf eure Soloplatten? Vielleicht weil ihr euch stärker in musikalisches Neuland begeben habt?
Gisbert zu Knyphausen: Ich glaube schon. Vor allem weil ich nicht der einzige Kopf bin. Ich kann mir die Platte viel besser anhören und sagen, „Das ist Geil“. Ein Gefühl, das ich bei meinen letzten beiden Platten nicht hatte.
Nils Koppruch: Ich habe vor allem viel gelernt. Für meine nächsten musikalischen Arbeiten werde ich etwas aus der Zusammenarbeit mitnehmen. Ich bin stolz, dass wir über den Status von „Lass mal machen“ hinweg gekommen sind und die Platte wirklich geschafft haben. Das macht mich schon etwas stolz.  

Gibt es so etwas wie Erfolgsdruck für eure Zusammenarbeit?
Gisbert zu Knyphausen: Wir haben jetzt keine Erwartungen in Richtung Verkaufszahlen oder Fanscharen. Der Erfolg ist für uns schon der gute Klang der Platte und vielleicht auch schon die reine Existenz. Ich glaube der Erwartungsdruck von außen ist auch durch die neue Zusammenarbeit weit weniger groß als bei einer neuen Gisbert zu Knyphausen Platte.
Nils Koppruch: Eigentlich ist es tatsächlich wie ein Debütalbum. Da sind die Erwartungen ja auch nicht so hoch. Wir haben auch bewusst das Album klein gehalten, bei einem kleinen Label - auch um völlig freie Hand zu haben.  

Wie wird Kid Kopphausen eigentlich auf Tour aussehen?
Gisbert zu Knyphausen: Wir starten im September mit einer Woche und gehen dann im Oktober nochmal drei Wochen am Stück auf Tour.
Nils Koppruch: Genau, dabei wollten wir uns schon von unseren Solokonzerten abgrenzen. In Hamburg spielen wir zum Beispiel im St. Pauli Theater und in Köln in einer Kirche. Es wird auch bestuhlte Auftritte geben, die sich von normalen Rock-Pop-Konzerten abheben werden. Das heißt, wir spielen nicht im letzten Rockschuppen, sondern spielen eher gesetztere, vielleicht auch erwachsenere Konzerte. Wir wollen einfach mal sehen, was das mit unserer Musik und dem Publikum macht. Darauf sind wir beide echt gespannt.  

Über euch war auch folgender Ausspruch zu lesen: „Kid Kopphausen ist kein Projekt, sondern eine Band“. Deutet das auf weitere Alben hin?
Nils Koppruch: Ja, wir sehen uns definitiv als Band, auch wenn ich die Grenzen zum Projekt nicht immer ganz sehe. Ich habe immer in meinem musikalischen Leben Experimente gehabt, manchmal waren die sehr erfolgreich und bandähnlich und manchmal waren sie eher kurze Projekte. Aber wenn wir wieder zusammen etwas machen, dann wieder als Kid Kopphausen.
Gisbert zu Knyphausen: Genau, aber die nächsten Pläne sind erstmal wieder Soloalben von uns beiden.

  

Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


"I" von Kid Kopphausen ist bei Trocadero erschienen.

  • teilen
  • schließen