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Soll ich im Job Gutes tun?

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Als ich gefragt wurde, ob ich hier was schreiben wolle zu der Frage, wie wichtig es sei, „im Job Gutes zu tun“, zuckte ich zunächst instinktiv zurück. „Gutes tun“, die Formulierung fault einem unter den Fingern weg, während man sie noch hinschreibt. Ich habe versucht, mich in den vergangenen Jahren als Feuilletonredakteur dieser Zeitung halbwegs um die Praktikanten zu kümmern. Weil ich mich noch genau daran erinnere, wie doof, einsam und unsicher ich mich selbst damals als Praktikant gefühlt habe. Und ich habe immer wieder über Leute geschrieben, die mich aufgrund ihrer Haltung beeindrucken. Aber hatte ich deshalb je das Bedürfnis, das dann am Abend, wenn ich von meinem selbstlosen und ethisch nachhaltigen Redakteurstagwerk nach Hause kam, in meinem Lebenspfadfinderfolianten auf der Seite zu vermerken, die überschrieben ist mit „Toptaten des Tages“?

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



„Im Job Gutes tun“ hört sich an wie dieses Absichtsgeschwafel, man wolle später „was mit Menschen“ machen. Ich habe mich in der Schule öfters gefragt, was das denn bitte für eine Berufsbeschreibung sein soll – als Massenmörder hat man schließlich auch „was mit Menschen“ zu tun. Anscheinend sollte der Satz vage einen Beruf andeuten, in dem man Sinnvolles tut, mitten im Leben steht und gleichzeitig viel halt mit anderen auch mal so quatschen kann.

Mit 30 sagt diesen Satz keiner mehr. Vielleicht, weil man verstanden hat, dass es leichter ist, die Menschen an sich zu mögen als den einen grottigen Typen, mit dem man das Büro teilen muss. Vielleicht verschwindet der Satz aber auch, weil alle großen Formulierungen im Lauf der Zeit schrumpfen. Weltenrettung? Klar, schon, eigentlich sogar dringend, aber erst mal braucht man ja selber einen Job, nicht wahr? Politische Teilhabe/Engagement? Hmm. Ich sag mal, hat ja einfach recht wenig gebracht, damals bei Greenpeace. Und läuft man als Engagierter nicht automatisch Gefahr, als Gutmensch abgestempelt zu werden?

So, und an dieser Stelle würde ich dann doch gern sanft und selbstverständlich mit aller gebotenen Etikette er­widern: Fuck it! Wenn irgendetwas auf diesem Planeten verachtenswert ist, dann das Gutmenschenbashing der letzten Jahre. Weil da jemand einen Popanz kritzelt, sich dann mit mutgeschwellter Brust hinstellt, auf sein Gekritzel zeigt und ruft: „Seht her, ein Popanz!“ Oder – softe Version des Bashers – die, die dauernd nur lässig am Gartenzaun des Lebens lehnen und im Modus der Dauerironie alles wegwitzeln. Wobei sie ihren Kommentarmodus ja nur selber für Ironie halten, in Wahrheit ist das Ganze keine hehre Haltung, sondern ein Schmodder aus Laschheit und Zynismus.

Da fällt’s mir überhaupt erst auf: Wahrscheinlich habe ich nur deshalb anfangs zurückgezuckt, weil ich fürchtete, mich zum Gespött der Gartenzaunfraktion zu machen. Nun denn, ihr Gartenzwerge, holt eure Spottkübel raus. Hier steht einer auf der grünen Wiese und sagt: Steht zu dem, was ihr tut! Wobei man ja nie so ganz sicher sein kann, ob das, was man tut, tatsächlich so toll ist. Weshalb man ab und zu dringend auf den Rat seiner inneren Ethikkommission hören sollte. In dieser Kommission sitzen die drei Grazien Demut, Skepsis und Güte, halten, so man sie denn lässt, sanft Gericht über das eigene Treiben und helfen diskret bei den Lebensschulaufgaben: Sich um die Praktikanten zu kümmern statt um die Chefs. Statt läppisch in der Zeit rumzuplanschen, den Tag mit kraftvollen Kraulzügen zu durchpflügen. Und manchmal den Lebenskompass zu überprüfen, indem man sich diskret daran erinnert, was man ursprünglich einmal wollte. Mag ja sein, dass es überspannt oder schwammig klang, was mit Menschen, Weltenrettung, Engagement – aber das ist immer noch besser, als für immer in den riesigen Grauzonen des Pragmatismus zu verschwinden.

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