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Aufsetzen: Die Kopfhörer-Typologie

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Der weiße Stöpsel


Was will uns der Träger damit sagen?
"Angenehm, Welt. Nur mal kurz: Wie ihr alle an den weißen Kabeln sehen könnt, bin ich nicht nur ein Mensch mit gutem bis sehr gutem finanziellem Polster, sondern auch einer, der in der Lage ist, sein Geld für exquisite Design-Objekte mit höchster Funktionalität auszugeben. Und darin unterscheide ich mich von annähernd 90 Prozent der Weltbevölkerung."

Was sagt er uns in Wahrheit?
 Dieser Mensch hat sehr viel Geld für mittelmäßige, aber – zugegebenermaßen – gutaussehende Qualität ausgegeben. Dass er sich mit diesem Massenprodukt einen Distinktionsgewinn verspricht, erscheint da geradezu rührend.

Welche Playlist läuft durch diesen Kopfhörer ins Hirn des Trägers hinein?
Das Beste aus den Indie-Charts von Ende 2005 (dem Zeitpunkt, als er aufgrund von Erwachsen werden aufhörte, sich für neue Musik zu interessieren), ein bisschen 1980er Jahre Depri-Soundtrack (The Smiths, Joy Division, etc.) und das, was von der Hamburger Schule übrig blieb.

Wie beschreibt er selbst seinen Musikgeschmack?
„Mein Musikgeschmack lässt sich am ehesten mit dem Wort 'eklektisch' beschreiben."



Der Hörer mit Bügelverbindung für unkooperative Ohrmuscheln


Was will uns der Träger damit sagen?
Der Träger dieser Hörer ist sich der Tatsache nicht bewusst, dass man nicht nur mit Aussagen, sondern auch mit Accessoires ein Statement abgeben kann, weshalb er tatsächlich einfach gar nichts sagen will.

Was sagt er uns in Wahrheit?
Dieser Mensch kommt nicht von hier, sondern von weiter draußen, was aber keineswegs gegen ihn verwendet werden sollte. Er ist ein sehr umgänglicher, wenn auch ein wenig schweigsamer Mensch, auf den immer Verlass ist – leider ist er auch ein ziemlich langweiliger Zeitgenosse.

Welche Playlist läuft durch diesen Kopfhörer ins Hirn des Trägers hinein?
 Katy Perry wegen ihrer witzigen Texte. Leona Lewis wegen ihrer Wahnsinns-Stimme. Heavy Metal wegen Aggressionsabbau. Und ein bisschen deutscher HipHop wegen der witzigen Texte.

Wie beschreibt er selbst seinen Musikgeschmack?
„Ich mag eigentlich alles. Außer Country."



Der überdimensionierte DJ-Kopfhörer


Was will uns der Träger damit sagen?
"Musik ist mein Leben! Das klingt jetzt vielleicht wie ein Klischee, ist aber in meinem Fall ausnahmsweise keine Übertreibung, sondern die schiere Wahrheit. Ohne Musik könnte ich keinen Tag überleben! Ich bin übrigens auch im Besitz einer echten, also physischen Musikbibliothek immensen Ausmaßes. Aber ich will nicht angeben.."

 Was sagt er uns in Wahrheit?
Der Mensch leidet unter einem fortgeschrittenem Poser-Syndrom, das sich aber glücklicherweise irgendwann auswächst.

Welche Playlist läuft durch diesen Kopfhörer ins Hirn des Trägers hinein?
 Was letztens bei Pitchfork empfohlen wurde, gepaart mit Elektronik-Minimalismus und der sorgsam eingestreuten Folk-Ballade, dem Ostberliner Deutsch-Funk aus den 1970er Jahren oder dem Rockabilly-Stück aus der SUN-Ära. Kurzum: hier ist nichts, aber auch wirklich gar nichts dem Zufall überlassen. Nicht einmal die Reihenfolge der Songs.

Wie beschreibt er selbst seinen Musikgeschmack?
„Schwierige Frage... ich mag eigentlich alles, was authentisch ist, gut gemacht und was, in Ermangelung eines passenden deutschen Wortes sag ich mal, in Anführungszeichen Soul hat."



Der Ein-Euro-Kopfhörer


Was will uns der Träger damit sagen?
"Wie auch sonst im Leben kommt es nicht auf die Verpackung, sondern den Inhalt an."

 Was sagt er uns in Wahrheit?
Wir sehen hier einen echten Sparefroh, der vermutlich auch abends in seinem Rucksack die Bierflaschen vom Discounter in die Kneipe schmuggelt, weil er nicht einsieht, warum er für eine Halbe Bier das Fünffache des Einkaufspreises zahlen soll.

Welche Playlist läuft durch diesen Kopfhörer ins Hirn des Trägers hinein?
 Da dieser Mensch immer noch nicht kapiert hat, wie man mp3-Tracks vom Rechner auf einen Player zieht, muss er mit dem vorlieb nehmen, was er vorfindet: entweder der Playlist des Vorbesitzers oder dem rauschenden Radioprogramm, das er mit seinem Handy empfangen kann.

Wie beschreibt er selbst seinen Musikgeschmack?
„Ich bin musikalisch Allesfresser: Klassik, Swing, Rock, sogar Schlager höre ich gerne, wenn es zur Situation passt..."




DerWalkman-Kopfhörer mit Schaumstoff-Hörkreisel


 Was will uns der Träger damit sagen?
"Alle mal herschauen, liebe Leute, denn mit diesem Teil auf meinem Kopf (welches mir zugegeben nur so mittelgut steht) will ich nicht ein, nein gleich mehrere Statements abgeben – und das auch noch vollkommen nonverbal. Statement a) Ironie ist meine zweite Muttersprache. Statement b) im humoristischen Bereich fühle ich mich gleichermaßen daheim. Und Statement c) auch die bekleidungstechnische Metaebene ist mir bestens bekannt."

 Was sagt er uns in Wahrheit?
Dieser Mensch lebt ein anstrengendes Leben. Denn er muss es ironisch brechen. Seine Eltern wundern sich auch immer ein bisschen über den Aufzug, führen es aber auf die Wahl des Studienfachs zurück. 

Welche Playlist läuft durch diesen Kopfhörer ins Hirn des Trägers hinein?
 Alles, was bei „Third Man Records" erschienen ist, alle Seitenprojekte der „Daptone"-Belegschaft (jedoch nicht die Big Seller, wie Sharon Jones oder Amy Winehouse).

Wie beschreibt er selbst seinen Musikgeschmack?
 „Diese Frage kann ich auf den Tod nicht ausstehen und werde sie deshalb nicht beantworten. Ich kann aber sagen, wer mein Lieblingsbassist ist: Definitiv Nick Movshon, der zugegebenermaßen einen Großteil seiner Bassläufe von James Jamerson übernommen zu haben scheint." 

Text: jetzt-redaktion - Illustration: Christopher Stelmach

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