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Der Ticker vom Abschied nehmen

Text: Der_Tagesticker
Mein letzter Arbeitstag in meiner alten Firma. Ich hab alle Mitarbeiter eingeladen, es gab Schweinebraten und Freibier. Meine vorbereitete Rede konnte ich nicht halten, weil mir dauernd die Tränen kamen. Wir waren ein gutes Team, auch privat befreundet. Manchmal habe ichdas Ende des Urlaubs herbeigesehnt, um die Neuigeiten aus der Arbeit zu erfahren. Danach habe ich mit der neuen Firma gefremdelt, mich zurück in meinen alten Job gesehnt, mehr als zwei Jahre ging das noch so. Aber die privaten Treffen wurden seltener.

Letztes Jahr starb einer der Ex-Kollegen, an Krebs, mit einer ganz eigenen Geschichte des Abschiednehmens. Er war noch fast ein halbes Jahr bei seiner Familie zu Hause. Andere Geschichte. Vielleicht die bessere, aber nicht meine. Ich war beruflich in der Nähe, nahm mir den Nachmittag frei, um die Beerdigung zu besuchen. Mir hatte vorher niemand etwas über seine Krankheit erzählt. Alle waren sie da. Eine kurze Begrüßung, "schön, dass Du kommen konntest.", ein paar Worte über die Kinder, wie geht's sonst so? Smalltalk, Belanglosigkeiten. Aus den guten Freunden sind Bekannte geworden, die Erinnerung an die alte Firma ist nach 15 Jahren verblasst. Es bleibt meistens gar keine Zeit, sich zu erinnern.

Ein anderes Gefühl, an das ich mich noch gut erinnern kann, als ich in der alten Firma aufhörte: Das "braucht's das noch"-Gefühl. Müssen bestimmte Dinge noch getan werden, obwohl man sowieso kurz vor dem Ende steht? Hat da noch jemand was davon?

Der_Tagesticker wird im Laufe dieser Woche glöscht, mit ihm unzählige Tickertexte, Millionen von Kommentaren, Gaudi und Streit. Warum sich noch die Mühe machen, diesen Text zu schreiben, der morgen schon wieder weg ist? Warum noch Kommentieren? Ich weiß es nicht. Mir ist gerade danach, noch mal richtig Adieu zu sagen, und sich nicht bei Nacht und Nebel davonzustehlen.

Servus.

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