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goodbyemylove

Text: Schwatzwaldkirsche
Über Dich gibt es nichts mehr zu sagen. Wir haben uns jetzt über ein Jahr nicht mehr gesehen oder gesprochen, von ein paar sms und deiner Omnipräsenz in den Medien mal abgesehen ist es, als hätte ich Dich nie gekannt. Naja, und dein Gesicht im Lachen unserer Tochter, das jeden Tag. Aber mehr fällt mir nicht mehr ein dazu und es berührt mich nur sehr selten. Was mache ich aber jetzt? 54 Texte zum Thema Entlieben und ich habe plötzlich keine Rubrik mehr. Lieben ist zu banal.

Wenn ich ein Startup gründen würde, würde es so heißen: goodbyemylove. Das wäre eine Plattform, auf der alle Leute ihre verlorenen Träume begraben könnten, großer Stil natürlich, mit Grabsteinen, die man kaufen und Spruchbändern, die man auf die eigenen Texte kleben könnte. In dieser Welt, in der alles möglich ist, in der es zu viele Möglichkeiten gibt, zu viele Dinge, die jeder tun oder lassen kann, um die Welt zu verändern, sein Leben, das Universum. In dieser Welt, in der jeder selbst veratwortlich ist für sein eigenes Scheitern und sein eigenes Glück, für alle Entscheidungen, täglich, zwischen Freiheit und Sicherheit, zwischen Abenteuer und neuer Bürgerlichkeit, zwischen Frau und Mann und Kind und Kegel, zwischen 200 verschiedenen Möglichkeiten, eine neue Fahrradlampe zu bestellen.


Goodbyemylove würde den Menschen die Möglichkeit geben, sich von Träumen zu verabschieden, von Menschen, Tieren, Immobilien, Städten, Jobs, Reisen. Auch von Träumen, die niemand hatte. Denn mal ehrlich: Ich wollte als Kind gar nichts werden und ob ich Familie wollte, das wusste ich erst vor ein paar Jahren und einen richtig großen Traum, so mit allem drum und dran, den habe ich bis heute nicht. Es wäre also möglich, sich von allem, was mal Wünsche waren oder worüber jeder sich erst klar war, als es weg war, dass es Wünsche waren, zu verabschieden. Gleichzeitig wäre es dauernd da, ein Grabstein meines Lebens, wie ich es mir gewünscht hätte, wenn ich mutiger gewesen wäre, ausdauernder, zäher, klarer, bewusster. All das, was wir alle gern wären, wenn wir es wären.

Ich bin keine Unternehmerin. Aber wenn irgendjemand im Silicon Valley diese Idee umsetzen würde: Ich bin mir sicher, dass es ein Knaller wäre. Jeder hat diese Geschichte zu erzählen. Vom Scheitern, vom nicht loslassen können in einer Welt, in der Loslassen modern ist, vom gehen und bleiben. Ein Teenagertraum, auf jeden Fall. Natürlich mit Nicknames. Niemand steht gern ehrlich zu seinen Niederlagen. Aber das wäre ein Portal, dass ich gern besuchen würde. Eine Seite voller Ehrlichkeit. Keine likes, keine Möglichkeiten zum Teilen. Vielleicht die Möglichkeit, Fotos hochzuladen, zu jedem Text.

Da bin ich dabei.

Goodbyemylove!

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