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Meine Straße: Nockherstraße

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Niemand kennt eine Straße so gut wie die Menschen, die in ihr leben. Deshalb bitten wir hier regelmäßig junge Münchner, uns ihre Straße zu zeigen – die schönsten Ecken, die besten Läden, die schrulligsten Typen, die nettesten Anekdoten. Heute:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Dennis, 25

Ich wohne seit 25 Jahren in der Nockherstraße und noch immer in meinem Kindheitshaus – nur nicht mehr in derselben Wohnung. Diese Ecke der Stadt ist für mich aber nicht nur deshalb von einem nostalgischen Gefühl beseelt. Hier stehen noch richtig alte Herbergshäuser, die den Krieg unversehrt überlebt haben. Sie sind teils winzig, wie im Dorf, mit kleinen Stufengärtchen am Hang zum Bahndamm hinauf. Bis in die Siebzigerjahre gab es hier sogar noch Milchwirtschaft und Tierzucht. Und was ich auch einen irgendwie coolen Gedanken finde, ist, dass unter diesen Häusern der Auer Mühlbach fließt.
 
Lokale oder Geschäfte gibt es hier eh nicht. Nur das Hotel am Nockherberg. Ich war da zwar noch nie drin, aber ich stelle mir vor, dass man München von diesem Hotel aus komplett anders wahrnimmt als von anderen Hotels der Stadt. Vielleicht wacht man auf und weiß gar nicht, ob man überhaupt in einer Stadt ist.
 
Wenn ich aus meiner Straße den Hang raufgehe, komme ich in den Kronepark, von dort kann man über die ganze Stadt sehen. Wenn ich mich sonnen will, lege ich mich da hin, wenn ich spazieren gehen will, kann ich da hin, wenn ich abends noch was draußen trinken will mit Freunden und dabei über die Dächer sehen, ist das der beste Ort. Außerdem gibt es einen alten Garagenkomplex, der mir so etwas wie eine geheime Autowerkstatt zu sein scheint, aus der nachts perfekt gepimpte Karren gefahren kommen. Nach offiziellen Angaben ist es aber nur eine Taxiwerkstatt.
 
Alles andere, was ich über diese Straße erzählen kann, ist sehr persönlich, immerhin steckt fast mein ganzes bisheriges Leben in ihr drin. Ich denke zum Beispiel an einen älteren Herrn, der hier allein gewohnt hat und der 21 Katzen hatte, die immer in der ganzen Straße herumstreunten.
 
Den Bahnhang sind wir immer hochgeklettert, einmal bin ich ihn leider auch heruntergefallen. Und zwischen den U-Bahn-Aufzügen an der Haltestelle Kolumbusplatz, haben wir immer Fußball gespielt. Eine Freundin, mit der ich hier aufgewachsen bin, ist gerade zurückgezogen. Die wollte unbedingt, dass ihr Kind in dieser Straße aufwächst.

Text: mercedes-lauenstein - Foto: juri-gottschall

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