Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben
Aus der ehemaligen jetzt-Community: Du liest einen Nutzertext aus unserem Archiv.

Mein bester Freund

Text: Zwischenruf

Mein bester Freund ist nicht einer aus dem Kindergarten. Mein bester Freund ist aus der Zeit, als ich dachte, ich hätte das Schlimmste hinter mir. Mein bester Freund ist der, der das Schlimmste, das danach kam, mit mir erlebt hat. Er war auf allen Familienbeerdigungen, er hat unzählige Kuchen und Muffins gebacken, er hat keinen Geburtstag vergessen.



Mein bester Freund hat mich unzählige Male warten lassen. Mein bester Freund war ein Jahr in Australien und als er wiederkam, da war es, als wäre er nie weggewesen. Mein bester Freund wird von allen geliebt, aber von keinem so wie er es verdient. Mein bester Freund hat den Hang zu fatalen Frauen.



Mein bester Freund wusste sieben Jahre lang nicht von dem wichtigsten Menschen in meinem Leben. Und er war trotzdem mein bester Freund, weil wir uns immer so viel Anderes zu erzählen hatten. Und als ich vor zwei Wochen heulend bei ihm angerufen habe und ihm die letzten sieben Jahre erzählt habe, da hat er zugehört und nicht aufgelegt. Er hat gesagt, dass er erstaunt ist, nicht wütend.



Mein bester Freund hat nicht geurteilt, sondern nur gesagt, dass, wenn es noch schlimmer werden würde und ich ihm sagen würde, dass ich schwanger sei, er den nächsten Zug zu mir nehmen würde. Er musste keinen Zug nehmen, aber so ist mein bester Freund.



Mein bester Freund hat sich all mein unzusammenhängendes Geschluchze angehört, mein bester Freund ist Pragmatiker - zum Glück. Und mein bester Freund hat mir gesagt, ich solle einen Brief schreiben, der Adressat würde sich schon finden. Und wir haben beide gelacht über diesen guten Witz. Und ich werde wieder einen Brief schreiben und ihn mit ans Meer nehmen. Und zur Not mache ich eine Flaschenpost daraus. Das gefällt mir und meinem besten Freund.



 



 



[Für M. - danke für Verständnis und dafür, dass Du nicht urteilst.]

Mehr lesen — Aktuelles aus der jetzt-Redaktion: