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Meine Straße: Kaulbachstraße

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Niemand kennt eine Straße so gut wie die Menschen, die in ihr leben. Deshalb bitten wir hier regelmäßig junge Münchner, uns ihre Straße zu zeigen – die schönsten Ecken, die besten Läden, die schrulligsten Typen, die nettesten Anekdoten. Heute:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Julia, 26, Juristin

Ich dachte ja, ich ziehe in eine normale, ruhige Wohnstraße – aber die Kaulbachstraße ist ziemlich unvergleichlich. Und sehr international. Erstens befindet sich hier natürlich an der Ecke Veterinärstraße die Schleuse in den Englischen Garten. Da pilgert im Sommer die ganze Welt in den Park hinein und wieder heraus. Und nimmt auf dem Weg noch ein Eis bei der in wenigen Jahren zur richtigen Institution gewordenen Frozen-Yoghurt-Eisdiele I love leo mit. Manchmal ist die Schlange da bestimmt 30 Meter lang.
 
Außerdem haben die US-amerikanischen Diplomaten und Marines hier ihre Compounds. Das sind zwei, drei riesige Häuser, in denen ihre Dienstwohnungen liegen. Ich war da mal zu einem Barbecue eingeladen. Das ist wirklich irre: Diese Gebäude sind ja auf der ganzen Welt genau gleich eingerichtet.
 
In der Kaulbachstraße ist außerdem das Institut français. Hat mir meine Abinote gerettet. Ohne den Intensivkurs bei Frau C.-Hofbauer wäre die wahrscheinlich erheblich schlechter ausgefallen. Meine Französischlehrerin in der Schule hat mir das kaum geglaubt, dass ich das noch geschafft habe. Gegenüber der französischen Flagge des Instituts hängt übrigens eine Deutschlandfahne, die gehört zu einer schlagenden Studentenverbindung im entsprechenden Haus.
 
Sehr ans Herz gewachsen ist mir die Reptilienauffangstation im Erdgeschoss des Veterinärmedizinischen Instituts der LMU. In einem Semester meines Jura-Studiums wurde hier ein Examenskurs abgehalten, und da saß ich dann einmal die Woche in so einem Hörsaal voller Reptilien an der Wand. Schon durch die Fenster sieht man einige Terrarien in den Büros stehen. Ich finde das irgendwie einen bizarr-tollen Kosmos. Wir wollten von der juristischen Fakultät aus eigentlich mal an einer Führung durch die Station teilnehmen. Übrigens wurde hier angeblich der Affe von Justin Bieber kurzzeitig verwahrt, nachdem der Zoll ihn am Münchner Flughafen beschlagnahmt hatte.
 
Beim Bagel-Laden Deli-Star bin ich bestimmt zwei Mal die Woche. Vor allem sonntags ist das meine wichtigste Anlaufstation. Sieht zwar ein bisschen aus wie so eine Neunzigerjahre-Kette, ist aber echt ein guter Laden, den man nicht unterschätzen sollte. Man kann da auch gut Mittagessen. Und die Filialleiterin ist so cool – so eine schnelle, blonde, die immer lustig drauf ist und sich ein bisschen mit einem unterhält.
 
Essen gehen kann man aber in der Kaulbach sowieso gut. Etwas weiter die Straße runter ist ein ziemlich alteingesessener Libanese namens Arabesk, der Thai Krung Si und der tolle Italiener Alta Marea. Bei der Metzgerei Forstmaier kann man sich einen soliden Mittagstisch holen. Und der alte Tante-Emma-Laden, an dem groß „Milchladen“ dransteht, ist eh immer einen Besuch wert. Den wird es sicher nicht mehr ewig geben, so aus der Zeit gefallen wirkt der.
 
In der Königin 43, dem Laden, den man vor allem für seine schöne Sonnenterrasse kennt, der aber leider sein Personal fast wöchentlich wechselt, kann man sich sehr gut mit Freunden auf einen Kaffee treffen. Und im Di Natale, ums Eck in der Veterinärstraße, gibt es gutes Frühstück, sehr italienische Drinks und vor allem fantastischen Cappuccino zum Mitnehmen für nur zwei Euro. Und die Kellner sind wahnsinnig nett.
 
Ansonsten? Gibt’s hier schöne Jugendstilhäuser mit Fassaden, die wie direkt aus der Toskana importiert aussehen. Das Tollste von allen, das mir immer gute Laune macht, ist ein fast vollständig mit Efeu bewachsener Palazzo: Hausnummer 25.


Text: mercedes-lauenstein - Foto: juri-gottschall

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