Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben
Aus der ehemaligen jetzt-Community: Du liest einen Nutzertext aus unserem Archiv.

Der Don Quixote-Ticker von der sinnlosen Kampagne

Text: Der_Tagesticker
Wenn man Fußgängerzone oder Internet durchstreift, dann kommt man früher oder später nicht an ihnen vorbei: den irgendwie nicht ganz gefährlichen Irren, die sich mit tiefer Überzeugung für etwas ins Zeug legen, was es nie geben wird. Damit meine ich nicht die eigennutzbewegten NIMBYs, die „Ja zur Windkraft – woanders!“ oder „Mehr KiTas – bloß nicht in unserer Straße“ wollen, sondern solche Leute wie die BüSo-Spinner, die eine Transrapid-Strecke Paris-Moskau-Peking fordern oder die Zerschlagung der Notenbanken (und dabei so einen entzückend schlecht unterdrückten Antisemitismus pflegen!) – es gibt dann noch so goldige Truppen wie diese, die das freiwillige Aussterben der Menschheit zum Ziel hat. Ich freue mich ja dann, daß solche Projekte die entsprechenden Leute von dümmeren Sachen abhalten und frottiere mich ein wenig an einem sich einstellenden Überlegenheitsgefühl.
Dabei hätte ich selbst so ein Anliegen: „Belgien 200“. Etwas verkürzt ist es so: Das Königreich Belgien entstand 1830 aus dem Wunsch der katholischen Brüsseler Elite, sich nichts mehr von den Kalvinisten in Den Haag sagen lassen zu müssen. Weil das den europäischen Großmächten aus den unterschiedlichsten Gründen in den Kram paßte, ward es auch so. Eine der zahlreichen seit Mediatisierung unterbeschäftigen deutschen Fürstenfamilien wurde zu Königs gemacht, fertig war die bi-nationale, aber gut katholische Laube. Mittlerweile ist der Glaube als Gemeinsamkeit hinfällig: Belgien erlaubt (wieder: etwas verkürzt) als einziges Land der Welt die Euthanasie an Kindern ohne Altersbeschränkung, um mal den Stellenwert der katholischen Lehre in diesem Land plakativ darzustellen. Wie das politische Zusammenleben der beiden Volksgruppen so läuft, dürfte allgemein bekannt sein. Ein Jahr ohne Zentralregierung fällt niemandem sonderlich auf.




Daher meine Forderung: Belgien soll 2030 anläßlich seines 200-Jährigen Bestehens feierlich und friedlich aufgelöst werden. Flamen und Wallonen dürfen dann selber bestimmen, wie sie weitermachen wollen, und Brüssel wird auch de jure zu dem Washington, D.C., welches es de facto schon ist. Die beiden Städte sind sich ohnehin schon sehr ähnlich. Jedenfalls erscheint mir das einerseits geboten und andererseits grundvernünftig; mit den Worten des unlängst verblichen wordenen Charb: „je crois que vous en serez d’accord…“
Hast Du ein großes Anliegen, das weder Dir nützt noch irgend jemanden interessiert? Für das Du Dich gegebenenfalls mit Klemmbrett und Kampagnen-T-Shirt in der örtlichen Fußgängerzone zum Obst machen würdest? Erzähle es hier.

In Folge einer Verschwörung des internationalen Finanzkapitals wurde der Redaktionssupport für den Ticker am 17. November 2014 eingestellt. Seitdem hält eine Gruppe unerschrockener Freiwilliger dieses wichtige Forum am Leben.
Bild: Eigenbau
Text: alces

Mehr lesen — Aktuelles aus der jetzt-Redaktion: