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Verschwinden

Text: birk

Morrissey singt: Everyday is like Sunday. Aber das stimmt nicht: Everyday is silent and grey. Und das ist mehr Parabel denn Wahrheit, mit der Halbwertzeit von drei Monaten in jedem Jahr.



Auf dem Weg nachhause ziehe ich mir die Kapuze ins Gesicht und an einer Zigarette. Ich schalte die Musik aus und denke an Fragen, die mir Freunde waren und verschwanden. Zu mir oder zu dir? Nur noch zu mir, nur noch mit mir. Ich halte der Nacht meine Zigarette hin.



Verschwinde ich? Eine dumme Frage.



Kann ich verschwinden? Ich weiß es nicht. Zuhause ziehe ich mich aus und stelle mich nackt vor den Spiegel. Ich drehe das heiße Wasser auf und störe mich nicht mehr an Zahnpastaflecken im Waschbecken. Ich starre in den Spiegel, der langsam beschlägt. Mein Bild von mir wird matt und unscharf. Ich will es fotografieren, aber auch die Linse ist beschlagen. Verschwinden ist grau.



Ich sammle meine Kleidung ein, ziehe mich an und gehe einkaufen, das habe ich vergessen. Der Supermarkt ist nur eine weitere Zigarettenlänge entfernt, in der ich die Zigarette nur wieder glimmend in meiner Hand halte und eine Rauschwade hinter mir herziehe. Ich hinterlasse Spuren und bin ich mir unsicher, kann ich mich umschauen und weiß, ich war da, nun also muss ich wohl hier sein. Solange ich rauche, bin ich noch nicht verschwunden.



Vor mir an der Kasse erzählt man sich Geschichten. Alles ist unglaublich und kann ja nicht wahr sein, aber dann doch nur Tratsch.  Heute bin ich verschwunden, aber niemand wird es mir glauben. Ich habe ein Bild davon, es ist nichts zu sehen.

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