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Mädchen, wie ist das mit euch und dem Push-Up?

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Liebe Mädchen,

Neulich, in der Fußgängerzone einer großen Innenstadt. Ich: wartend, an einer Wand lehnend. Neben mir: ein Grüppchen Mädchen, ebenfalls wartend, aber miteinander sprechend. Über BHs. Denn, so hörte ich, selbige zu kaufen, war wohl unter anderem der Grund für ihr Treffen in der Fußgängerzone. Ich war natürlich sehr erfreut über dieses willkommene Entertainment-Programm zur Überbrückung meiner Wartezeit. Aber dann schon auch ganz schön verwirrt.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

 Die Mädchen schien nämlich ein monumentales Problem zu plagen, das ich bislang gar nicht kannte: das Push-Up-Problem. Bei H&M gebe es ja gar nichts anderes mehr, sagte eine. Die Freundinnen nickten zustimmend und machten betroffene Gesichter. Einige Tage später stieß ich dann zufällig auf ein Interview mit einer neuseeländischen Unterwäsche-Designerin. Sie sagt über sich, sie mache Unterwäsche, die in erster Linie Frauen und Mädchen gefallen soll – im Gegensatz zum Rest der Hersteller, deren Zweck ihrer Meinung nach vor allem darin bestünde, Mädchen möglichst hübsch für uns Jungs zu verpacken. In ihrer Kollektion gibt es keine Push-Up-BHs.Nach diesen beiden Vorkommnissen merkte ich: Das Stützstück für Obenrum ist uns Jungs eigentlich ein ziemliches Rätsel. Wir wissen gar nicht, wie ihr damit umgeht: wie oft ihr in die Push-Up-Schublade greift und zu welchen Anlässen. Ob das überhaupt eine Frage des Anlasses ist oder eher eine der Physiognomie. Ob der Push-Up eine ungeliebte Modeerscheinung ist oder eher eine Art Sherpa, die euch trägt, was ihr selbst nicht tragen möchtet oder könnt. Ob er in Sachen Feminismus und weibliches Selbstbewusstsein eine Rolle spielt, und wenn ja, welche. Also, liebe Mädchen: Wie ist das mit euch und dem Push-up?>>>Die Mädchenantwort von valerie-dewitt<<<

Liebe Jungs,Wie ich hier so sitze und mir mein BH-Träger von der Schulter fällt, denke ich: gut, dass ihr fragt. Um also gleich mal die Fußgängerzonenfrage zu beantworten, du Frauenbelauscher: Ja. Es stimmt. Die Push-Up-Dichte hat in den vergangenen Jahren zugenommen. So sehr, dass ich BHs umnähe, damit mal einer ohne Kissen dabei ist – obwohl ich nicht nähen kann und mir deshalb dauernd der Träger von der Schulter fällt. Denn auch, wenn die meisten Frauen einen Push-Up im Schrank haben, wollen wir unsere Brüste tatsächlich nicht jeden 8-h-Arbeitstag unter dem Kinn tragen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Push-Ups sind die High Heels der Frauenbrust. So was wie eine weibliche Geheimwaffe, die wir zu bestimmten Anlässen einsetzen. Die uns aufhübscht und ein bisschen optimiert, wenn wir ein bisschen Optimierung wünschen. Welche Momente das sind? Generell eher Balzkontakt als Familientreffen. Kennt man aus der Natur, da präsentiert der Vogel zur Balz auch mal sein Federkleid und plustert ein bisschen an Stellen, wo eben nicht so viel Gefieder ist. Aber ein Push-Up ist ziemlich unbequem, genau wie High-Heels. Und nach einer Weile wollen wir das, was man eben so will, wenn man unbequeme Dinge trägt: das alles ganz schnell loswerden. Barfuß laufen! Birkenstocks! Schlabbershirt und keine Stützfunktion. Warum seit geraumer Zeit auch in E-Körbchen, Bikinioberteilen und Sport-BHs eine Polsterfront von mittlerer Airbaggröße eingeschweißt ist (früher konnte man die Kissen wenigstens noch rausnehmen!) ist uns auch nicht ganz klar. Könnte am Einfluss von US-Marken wie Victoria’s Secret liegen, die es auch reizvoll finden, Frauen mit Riesenflügeln über glitzernde Kieselsteine laufen zu lassen. In Shops kann man übrigens zwischen Polsterungen wie „Bombshell“ oder „Very Sexy“ wählen – das heißt zwei Körbchengrößen mehr. Bei Shows legen sich Victoria‘s Secret Models übrigens gleich Chicken Cutlets in den BH (so was wie ein Gel-Filet für die weibliche Hühnerbrust). Der Moment, in dem sich Giselle Bündchen entblättert und ihr ein paar Plastikfilets aus dem BH fallen: vermutlich very sexy. Die meisten von uns sind aber very normal. Und wenn wir uns vor einem Mann ausziehen, dem wir ein Büffet versprochen haben, wo nur ein Beilagensalat ist, fühlt sich das ehrlich gesagt ziemlich blöd an. Und da wären wir beim Punkt Feminismus und weibliches Selbstbewusstsein. Damit hat unsere BH-Wahl nämlich durchaus zu tun. Zumindest am Anfang. Teeniezeit ist, je nach Brustgröße, Push-Up- (maximiert) oder Sport-BH-Zeit (minimiert). Irgendwann in den Jahren danach haben wir aber weitgehend akzeptiert, was wir so vor uns hertragen. Und dann gehen wir damit tendenziell pragmatischer um. Zum Thema Feminismus deshalb nur so viel: „Wer behauptet, BHs braucht man nicht, ist noch nie ohne einen gerannt“, sagte eine Kollegin in der Konferenz. Denkt einfach an Boxershorts beim Joggen. Text: eric-mauerle - Illustration: dirk-schmidt; Cover: Alex/photocase.de

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