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Kiffen macht dumm

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Weltweit liberalisieren Regierungen die Drogengesetze – von Uruguay über die USA bis Deutschland. In Städten wie München, Köln und Dresden wird über Versuchs-Coffeeshops nachgedacht. Die Regierungen hoffen, damit Probleme wie Drogenhandel und organisierte Kriminalität einzudämmen. Nun aber gibt es eine Studie, die auf einen Nachteil dieser Politik weist. Sie kommt ausgerechnet aus den Niederlanden, dem Mutterland der liberalen Drogengesetze. Das Ergebnis: Studenten, die kiffen, haben den Forschern zufolge schlechtere Noten und fallen öfter durch Prüfungen.

Forscher an der Universität von Maastricht haben die Leistungen von mehr als 4.000 Studenten der Stadt verglichen und dabei herausgefunden, dass sich die Cannabis-Politik der Niederlande auf die Leistungen der Studenten auswirkt (PDF). Dafür analysierten sie knapp 60.000 anonymisierte Einzelnoten von Wirtschafts-Studenten zwischen 2009 und 2012.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

In Maastricht dürfen seit 2011 nur noch Studenten aus Holland, Deutschland und Belgien die Drogen-Cafés besuchen.

Die Coffeeshops der Stadt hatten am 1. Oktober 2011 eine Regelung eingeführt, um den Strom der „Drogen-Touristen“ auszutrocknen. Nach Einführung der Regelung durften nur noch Niederländer, Deutsche und Belgier die Drogen-Cafés besuchen. Die Studenten waren dadurch unfreiwillig in zwei Gruppen aufgeteilt: jene, die weiter kiffen durften, und die anderen - ausländische Studenten -, die ausgeschlossen waren.

Die Noten der Studenten, die keinen Zugang mehr zu Coffeeshops hatten, waren durchschnittlich um neun Prozent besser, die Wahrscheinlichkeit, dass diese Studenten eine Prüfung bestehen, war 5,4 Prozent höher als bei den anderen. In Fächern, bei denen mathematisches Denken notwendig ist, ist der Effekt fünf Mal stärker zu sehen, erklärt Olivier Marie, der die Studie zusammen mit Ulf Zölitz vom Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn erstellt hat.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

 Olivier Marie

Kritiker bemängeln, dass die Gruppe der ausländischen Studenten nur acht Prozent der gesamten Anzahl Studenten ausmachten und damit zu klein ist, um die Gruppen vergleichen zu können. Unbekannt ist auch, wie viele der Studenten vor oder nach dem Verbot überhaupt Cannabis konsumiert haben. Außerdem könne man natürlich nicht ausschließen, dass Ausländer trotz des Verbots weiter gekifft und illegal Cannabis auf der Straße gekauft haben, sagt auch Marie. Weil nicht bekannt ist, wie groß ihre Zahl ist, ist auch unklar, wie stark diese Fälle das Ergebnis verzerren. Trotzdem könnte die Studie die Debatte um die weltweite Liberalisierung der Drogengesetze befeuern. Die wenigen bisher erschienen medizinischen Studien legten bereits einen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Cannabis und einer Abnahme der Intelligenz nahe.

Trotzdem würden diese negativen Nebenwirkungen des Politikwechsels – zum Beispiel die verminderte Leistungsfähigkeit – häufig kaum beachtet, sagt Ulf Zölitz. Im Vordergrund stünden bisher die langfristigen, positiven Folgen. Marie betont, er sei für Liberalität. „Ich sage meinen Studenten aber: Denkt nach, bevor ihr kifft; genauso wie ich den Regierungen rate, nachzudenken, bevor sie Gesetze ändern.“

Bisher haben die Forscher nur die Leistungen von Studenten der Wirtschaftswissenschaften analysiert. Gegenüber der Wirtschaftsfakultät aber liegt das Maastrichter Konservatorium. Man könnte den Effekt des Cannabis-Verbots auch in anderen Fächern messen, sagt Marie. „Vielleicht gibt es bei Musik-Studenten völlig andere Auswirkungen?“

Text: benjamin-duerr - Fotos: Benjamin Dürr

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