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Mädchen, hängt ihr gar nicht an eurem Nachnamen?

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Die Jungsfrage:

Vor einer Weile verkündete einer meiner Freunde, dass er heiraten werde. Der Rest des Abends: große Aufregung, Biere, Schulterklopfen, ungetrübte Freude. Nur einen Moment lang gab es Irritationen. Keine schwerwiegenden, aber deutlich spürbar. Und zwar, als der Freund sagte, er werde in Zukunft anders heißen.

Er sagte das nicht, als wäre es ganz selbstverständlich. Er schob sofort eine Erklärung hinterher, so, wie man das automatisch macht, wenn man sagt, dass man sich eine Viertelstunde verspätet. Die Blicke der anderen verrieten: Sie erwarteten diese Erklärung auch. An seinem Nachnamen – es ist einer von der Sorte Maier, Müller, Huber – habe er noch nie gehangen, sagte er. Der seiner zukünftigen Frau sei viel origineller und schöner. Verständnisvolles Nicken in der Runde, man war zufrieden mit der Erklärung.

Eigentlich ist es aber doch komisch, dass es da eine Erklärung braucht. Das Bundesverfassungsgericht erlaubt es schon seit 1991, dass beide Beteiligten ihre Nachnamen mit in die Ehe bringen. Mehr als 20 Jahre später, könnte man annehmen, sollte es doch kein Aufreger mehr sein, wenn einer von uns heißen will wie seine Freundin.

Ist es aber. Es gibt keine offiziellen Statistiken, aber verschiedene Umfragen der vergangenen Jahre haben ergeben, dass etwa 80 Prozent aller Paare den Nachnamen des Mannes wählen und nur ungefähr fünf Prozent den der Frau. Die Default-Einstellung einer Ehe ist offenbar, dass ihr euren Namen aufgebt und wir ihn behalten.

Ich glaube, wir Jungs hängen noch ziemlich an unseren Namen. Wir geben das nicht gern zu und beteuern, dass es für uns total okay wäre, zu heißen wie unsere Freundin, wenn wir mit der mal irgendwann so richtig ernst machen sollten. Sagt sich ja auch leicht, heiraten ist was für Menschen über 30, das ist noch lange hin. In Wahrheit gehen wir aber davon aus, dass wir unseren Namen behalten können. Dass also entweder jeder weiter heißt, wie er heißt, oder ihr unseren annehmt. Die wenigsten würden das von euch verlangen. Aber uns etwas wegnehmen lassen, das wir seit Beginn unseres Lebens mit uns rumtragen? Lieber nicht.

Wie ist das bei euch? Sind euch eure Namen so egal, dass nur so wenige von euch ihn behalten wollen? Findet ihr es irgendwie romantisch, zu heißen wie euer Freund? Freut ihr euch darauf? Oder habt ihr nur keinen Bock, deshalb mit uns zu streiten? Sagt mal Mädchen, wie wollt ihr heißen?  

>>> Die Mädchenantwort von charlotte-haunhorst  



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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Die Mädchenantwort:

Ich war neulich auf einer Veranstaltung mit sehr vielen älteren Frauen. Alle so Jahrgang 1960, teilweise noch früher. Und da ist mir etwas aufgefallen: Die Frauen hatten fast alle Doppelnamen. Unschöne, wie Schnackenberg-Zuffhausen und Meyer-Grobinski. Ich fand das ziemlich lustig in dem Moment – wie kann man sich freiwillig so einen Namen antun? Und jetzt, mit ein bisschen mehr Verstand und nachdem ich deine Frage gelesen habe, tut mir das richtig Leid.

Denn, und das muss hier erstmal dringend klargestellt werden: Natürlich ist uns unser Name nicht egal! Jungs und Mädchen sind da ja keine unterschiedlichen Wesen, auch bei uns ist der Name von Beginn an mit uns verwachsen wie unsere Nase. Und für beides gilt: Man kann es schön oder hässlich finden – es ist trotzdem ein Teil von uns. Ein Teil, der unsere Identität prägt. Unter diesem Namen gehen wir zur Schule, bekommen seltsame Spitznamen und veröfflichen später unsere Bachelorarbeit. Und er prägt die Vorstellung anderer Menschen von uns. Jemand, der am Telefon mit einer Charlotte Haunhorst telefoniert, stellt sich da sicher was anderes vor als unter einer Charlotte Meyer-Grobinski und einer Charlotte von Welfenfels.

So weit also alles gleich. Der erste grundlegende Unterschied kommt hier: Ihr durftet euren Namen schon immer behalten. Wir nicht. Deswegen gibt es auch diese von dir angesprochene Grundannahme, dass der Name vom Mann übernommen wird - weil Frauen da keine Wahl hatten. Und deshalb gibt es in der Heiratsgeneration vor 1991 auch so viele Frauen mit Wortungetüm-Nachnamen. Das war damals einfach die einzige Variante, zumindest ein Stückchen der eigenen Identität zu behalten. Auch wenn es eine lange und nervige Unterschrift für den Rest des Lebens erforderte. Je mehr ich darüber nachdenke, umso mehr sehe ich diese Frauen mit den Zungenbrechernamen also eigentlich als Heldinnen ihrer Zeit.

Und deshalb sage ich auch: Wenn wir heutzutage noch euren Namen annehmen, dann nur, weil wir das wollen. Weil er schöner ist als unserer, sich bessere Vornamen für Kinder damit finden lassen oder man damit besser Schriftsteller werden kann. Und vielleicht auch, wenn wir das Gefühl haben, ihr hängt ein bisschen mehr daran als wir, und weil wir euch lieben und dieser Deal deshalb okay ist. Gleiches gilt natürlich auch für euch: Ihr solltet unseren Namen auch nur annehmen müssen, wenn er euch gefällt. Aber dann solltet ihr das auch durchziehen wie dein Kumpel. Und in zehn Jahren will dann hoffentlich keiner mehr eine Erklärung dafür.

Kann man sich dabei nicht einigen, behalten halt beide ihren Namen – irritiert heute auch höchstens noch Opa und Oma. Interessant wird das dann erst bei den Kindern - da ist uns dann nämlich irgendwie schon wichtig, dass sie unseren Namen tragen - sei es der vom Ehemann angenommene oder der eigene, damals behaltene. Aber da ist die Default-Einstellung lustigerweise ja andersherum - die Kinder haben immer automatisch den Namen der Mutter. Könnte man auch als "ausgleichenende Gerechtigkeit" bezeichnen.



Text: eric-mauerle - Foto: misterQM / photocase.de

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