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Die Hölle, die anderen und der Spiegel

Text: Der_Tagesticker
„L’enfer, c’est les autres.“ – „Die Hölle, das sind die anderen“, sagte einst Jean-Paul Sartre. Und ich denke mir: Recht hat er. Um den allseits beliebten Josef Hader zu paraphrasieren: „Wann S’ hernehmen 90 Prozent von die Leut’: Zu 100 Prozent san des Trotteln.“

Aber da kommt noch einmal Sartre: Nein, ganz so sei das nicht gemeint. Er habe vielmehr sagen wollen, die Hölle seien die anderen, weil sie einem einen Spiegel vorhalten, in dem man sich selbst im schlechtesten Licht sieht.





Sartre: Wahrscheinlich auch die Hölle für so manchen. Ein prätentiöser Schwätzer! Ein Spiegel für den Tickeranten?

Und ich fühle mich ertappt. Ja, das kommt mir bekannt vor.
Zum Beispiel wenn ich mich aufrege über die tratschenden Kollegen, aber doch dann und wann mitmache, ganz automatisch.
Wenn die anderen Mütter darüber lachen, wie ins Chaos geworfen die Väter seien, sobald sie mit den Kindern auf sich allein gestellt sind, und ich lache mit, obwohl ich nie „so eine Frau“ sein wollte.
Diese Verbündungen geben mir das Gefühl, Teil einer Gemeinschaft zu sein, oder die Bestätigung, selbst alles richtig zu machen; etwas, von dem ich mir einbilden möchte, es nicht nötig zu haben.

Oder wenn ich den Partner bemuttere und ihm Vorschriften mache, obwohl ich als Alleinstehende kopfschüttelnd neben Freundinnen stand, die sich so verhalten. Oder aber ihn kritisiere, weil er genau so ungeduldig ist mit den Kindern wie ich selbst immer wieder – nur gerade jetzt nicht.

Der Spiegel, den einem die anderen vorhalten, zeigt, wie lächerlich die Illusion ist, man verhalte sich besser. Kennst du dieses Gefühl? Aus welcher Situation?
Und wie reagierst du dann – zuckst du mit den Schultern oder zuckst du zusammen und gelobst Besserung?

Text: mallunee
Bild: Wikimedia Commons, Photographer Unknown – Archivo del diario Clarín

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