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klau|s|ens betrachtet deutschland auf halbmast

Text: klausensblog

klau|s|ens, man weiß gar nicht, was man schreiben soll.



es fielen einem die worte aus, sie fehlten, weil angesichts des absturzes alles andere unwichtig erschien … wurde … und auch ist … eine gewisse zeit.



dann kommt wieder das normale leben und saugt sich mit seinem alltag in die schlimmen botschaften, die den alltag überlagern.



der alltag will dann wieder seine rechte.



… auch wenn die menschen nicht wollen.



ich hatte eigentlich vor, über griechenland zu schreiben, gestern oder vorgestern. (also vor der katatstrophe.)



was wolltest du eigentlich schreiben?



… dass es unerträglich ist, wie man mehrere wochen mit berichten, nachrichten, diskussionen, statements, meldungen etc. zu griechenland bombardiert wird, obwohl eigentlich nichts substantiell neues zu berichten ist oder gar passiert. schleifen über schleifen, statements, die alle dasselbe mit ähnlichen worten ausdrücken.



da muss dann ein stinkefingervideo auftauchen … oder tsipras vor dem kanzleramt paradieren, damit etwas farbe ins dauernd-das-selbe-geplappere kommt.



es war doch egal: es war nur griechenland, griechenland, griechenland – aber man hätte alles an neuigkeiten auf 6 zeilen bringen (alos: verdichten) können. in mehreren wochen!



stattdessen hat man uns griechenland weiter um die ohren gehauen, bis wir alles andere vergessen haben.



genauso war es. ukraine, nigeria, jemen, israel, tunis … und was es nicht alles an konflikten und schlimmigkeiten gibt … verschwand(en) nahezu vollständig. auch innenpolitisches, auch das. auch die flüchtlinge in deutschland. arbeitslose und hartz-IV-empfänger spielen außer beim “team wallraff” ja sowieso keine rolle mehr.



auch von den anderen leidenden ländern westeuropas wie spanien oder portugal oder irland hörten wir nichts. von den griechen hörten wir aber (vermeintlich) alles, obwohl es immer das gleiche war.



nein, ja, doch: es war eine sich selber hochkochende griechenlandsuppe, mit der man unsere seelen und synapsen beflutet hat, bis wir morgens und abends dachten, es gäbe nur noch griechenland auf der welt. das ist gehirnwäsche ersten ranges, und die medien spielten alle mit.



ärgerlich war das, ja, ärgerlich.



ich wollte also endlich dazu was schreiben, zu dieser griechenlandinflation, als das schlimme unglück geschah, der airbus 320, der in frankreich in den bergen zerschellte.



und dann?



dann war ich geschockt und platt, und alles andere trat hinter diesem schrecken zurück: da es auch noch ein deutsches flugzeug war und viele deutsche passagiere an bord, konnte man diesen meldungen dann nicht mehr entgehen.



da war der schrecken und dann die tatsache, dass man mit dem schrecken zugedeckt wird, bis man nur noch “airbus” zu sagen weiß.



das eine löste das andere ab. man war betroffen, schockiert, spürte großes mitleid … aber die neue welle der berichte rollte schon an. nun also “absturz” statt “griechenland”.



und heute sind wir 2 tage später, griechenland ist vollkommen vergessen …



aber nun hören wir tausendfach alles und überalles und überüberalles zum absturz. wieder diskussionsgruppen, wieder die gleichen bilder und informationen …



und dann aber immer neue spekulationen.



eben: flugbegleiter und luftfahrtexperten und piloten und aufsichtspersonen und journalisten aller art dürfen nun theorien abspulen.



ein dauerndes” könnte, habe, hätte”.



auch da: wenig neuer sachstand … aber ein dauerndes geplappere und gemache.



nun nun?



nun kehrt langsam wieder der alltag zurück, die sondersendungen werden etwas runtergefahren, die spekulationen gehen noch weiter. heute ist tag 3.



es herrscht halbmast.



ja, die betroffenheit ist da, der alltag auch schon wieder, und nichts genaues wäre zu wissen gekönnt.



danach?



danach dachte ich, ich möchte auch spekulieren, angesichts der neuesten meldungen zu der kabinentür, die nicht mehr aufging.



was ist deine theorie?



der eine pilot ging raus, der autopilot war an.



der andere?



… blieb drin. im cockpit. – da fiel die maschine in den sinkflug, weil der autopilot es wegen falscher software-informationen so wollte. da dachte der andere pilot, der noch im cockpit drin war: “schön, da kann ich heute ja schön mein leben beenden”.



danach?



… stellte er einen stuhl von innen vor die cockpit-tür, damit der pilotenkollege nicht mehr hineinkäme. (die maschine stürzte dann ab, weil der andere von außen nicht mehr hineinkam und den autopiloten und seinen kollegen an nichts mehr hindern konnte. auch nicht an seinem wahn, er müsse suizid ausführen und alle passagiere mit in den tod nehmen.)



eine gewagte theorie.



ich weiß, aber alles an unserer existenz ist so absurd … und zugleich so traurig … und alles aktuell so mit berichten zugemüllt, dass man eigentlich schreiben und spekulieren kann, was man will.



du weißt: bald ist auch der absturz irgendwie im land des vergessens.



das vergessen ist das einzige geschenk der schöpfung, wo sie doch so viel mist und unglück jeden tag produziert.



… und auch die mistberichte und den medienmurks dazu.



halbmast ist ja auch.









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http://www.klausens.com

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