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Meine Straße: Plinganserstraße

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Die Plinganserstraße ist erst mal funktional bis hässlich. Aber ich habe sie in den sieben Jahren, die ich hier schon wohne, sehr lieb gewonnen. Hier kommen die verschiedensten Leute zusammen, und vieles ist noch schön rustikal und bodenständig.

Die Jugend vom Harras trifft sich vorm McDonald’s und geht dann ins Shisha-Café. Oder bleibt im Sommer einfach auf der Straße. Da stehen sie dann, zusammen mit den Leuten aus dem Wettbüro, der Videothek, dem Imbiss. Jung und alt, total gemischt, lachen und genießen das Straßenleben.

Neben dem Stemmerhof gibt es das Café Schuntner, dort gibt es die besten Torten des Viertels. Mindestens. Früher war das ein richtiges Oma-Café, dann hat der Besitzer gewechselt und seitdem kommt von der Studentin bis zum Rentner wirklich jeder hierher. Was alle verbindet, sind die leckeren Torten. Einer der Tortenverkäufer ist DJ, und oft unterhalten wir uns dann an der Kuchentheke darüber, wie die Nacht noch so war.

Über dem Café gibt es eine richtig alte Bilderbuch-Boazn, die noch nicht von besonders vielen jungen Menschen entdeckt wurde. Antonios Tenne heißt die. Die Fenster sind aus buntem Mosaikglas, sodass man nicht rausschauen kann und drinnen immer ganz schummriges Licht herrscht. Die Wände sind holzvertäfelt, schwere Stofflampen hängen von den Decken, alles sehr urig. Und das Publikum besteht aus lauter Sendlingern, die am liebsten ihre Ruhe haben. Angeblich soll das Schnitzel hier sehr gut sein.

Genau da, wo die Straße eigentlich am banalsten ist und wo man wirklich nichts Aufregendes erwartet, zwischen Stemmerhof und Harras, steht plötzlich die imposante Margaretenkirche. Es ist jedes Mal wieder ein Erlebnis, wenn man daran vorbeikommt, denn sie ist eigentlich viel zu groß für so ein kleines Viertel. Und wenn ihre Glocken läuten, fühlt man sich wie auf dem Dorf.

Im Café Grass ist die Zeit stehen geblieben, ich finde, es sieht aus, als ob es seit mindestens 30 Jahren nicht renoviert worden ist. Drinnen sitzen meist auch sehr alte Menschen. Man könnte es leicht mit einer Seniorenresidenz verwechseln. Und doch scheint es sich zu halten. Vielleicht ist dort ja das letzte Geheimnis Sendlings zu finden, wer weiß. Irgendwann werde ich es testen.

Kürzlich erst entdeckt habe ich die Kitchenette am Harras, das ist ein super Frühstücksladen mit einer schönen Karte, auf der man mehr als immer nur das Übliche findet. Man kann dort aber auch nur Kaffee trinken oder Kuchen essen und in Ruhe eins der vielen guten Bücher aus dem Regal nehmen und lesen.

Der Harras selbst ist übrigens ein gutes Beispiel für eine gelungene Umgestaltung. Jahrelang war das ja eigentlich nur ein Busbahnhof, viel zu groß, immer tot und verlassen, ein hässlicher Platz. Schon in meiner Kindheit, die ich im Hasenbergl verbracht habe, kannte ich den Harras, weil meine Großeltern ganz in der Nähe wohnen. In den vergangenen Jahren hat sich viel verändert und jetzt gibt es einen kleinen Brunnen, viele Bänke, und tatsächlich so etwas wie eine kleine, gemütliche Fußgängerzone. Seit zwei Jahren gibt es hier sogar einen eigenen Weihnachtsmarkt. Und der ist echt sympathisch. Die meisten Stände kommen gleich aus dem Viertel, wie zum Beispiel der Falafelstand, der von den Besitzern des Beirut Beirut in der Valleystraße betrieben wird.

Am Neuhofener Berg, das ist die Grünanlage, die man erreicht, wenn man der Plinganser nach dem Harras noch weiter Richtung Süden folgt, kann man gut joggen oder Gassi gehen. Am höchsten Punkt gibt es einen Pavillon, von dort aus hat man einen großartigen Blick über die Stadt. Und wenn man schon mal da ist, sollte man auch noch den Sprung rüber zur alten Philipp-Morris-Zigarettenfabrik wagen. Früher liefen dort die Kippen vom Band, jetzt gibt es hier Büros, Kunst und ein Café.



Text: mercedes-lauenstein - Foto: juri-gottschall

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