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Digitale Kompetenzen für Schüler

Text: Synapsenchutney
Die BBC stellt den Schülern und Schülerinnen Großbritanniens eine Million Computer zur Verfügung. Grundschüler sollen programmieren. Ist dies ein Modell für Deutschland?



Die britische Rundfunkanstalt BBC sponsert Schülern in diesem Jahr eine Million Computer. Ziel ist es, die Jungen und Mädchen möglichst früh an die Programmiersprache heranzuführen. Um den Rückstand gegenüber anderen europäischen Ländern aufzuholen, wird ab Herbst 2015 das Schulfach Computing eingeführt.



Bedenkt man, dass die Grundlage für technologisches und mathematisches Wissen nicht früh genug gelegt werden kann, erscheint dieser Schritt plausibel. Um einen Lernerfolg sicherzustellen, wird zeitgleich das Fach Computing eingeführt. Neben dem Erlernen von Programmiersprachen soll beispielsweise auch die Auseinandersetzung mit der Sicherheit im Internet thematisiert werden. 



Reflexartig werden in Deutschland Rufe laut, ein solches Projekt auch hierzulande zu initiieren. Vergleicht man die BBC mit den deutschen Medienanstalten, so zeigt sich: Die Briten finanzieren das Fernsehen mit einem Haushaltsbeitrag von rund 200 € jährlich. Dies entspricht in etwa dem, was deutsche Haushalte als Rundfunkbeitrag entrichten müssen. Während ARD und ZDF sich regelmäßig darüber in Schweigen hüllen, was mit gestiegenen Einnahmen aus der Rundfunkgebühr tatsächlich geschieht, wird für Schüler und Eltern in Großbritannien eine Veränderung konkret erlebbar.



Mit den Micro Bits der BBC wird der Fokus jedoch eindeutig auf das Programmieren gelegt. Stand 2015 teilen sich in Deutschland elf Schüler einen Schulrechner. Bei über 11 Millionen Schülern in Deutschlands Allgemeinbildenden Schulen würde sich dieser Schlüssel nicht verändern. Ob des Schrittes der BBC in Jubelstürme zu verfallen, käme also zu früh. Der Gedanke, Kindern und Jugendlichen den Umgang mit IT näher zu bringen, ist dennoch wichtig.



Die digitale Bildung wird nach wie vor stiefmütterlich behandelt. Unterricht in Informatik beginnt in der Regel mit Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Dateiverwaltung. Es folgen bis zum Ende der Sekundarstufe I Theorie und Praxis zu Hardware und Software. Erst in der Sekundarstufe II folgen Programmiersprachen, Datenbanken und Datenstrukturen. Zweifelsfrei sind alle Themen wichtig und haben in den Lehrplänen ihre Berechtigung.  Die Wurzel des Problems liegt hingegen an einer anderen Stelle.
Das Fach Informatik wird in der Regel isoliert unterrichtet. Ein Praxisbezug zur schulischen Gesamtbildung wird in vielen Fällen nicht gezogen. Lehrer sind im Umgang mit Computern im Unterricht nach wie vor unsicher. Einerseits fürchten sie die Ablenkung durch andere Aktivitäten im Internet, andererseits sind sie sich der Wichtigkeit der Technik durchaus bewusst. Die universitäre Ausbildung der Lehrer enthält den Umgang mit digitalen Medien nur rudimentär. Zwar arbeiten alle Studierenden durchgängig mit Notebooks und Computern, organisieren nahezu alle Studienangelegenheiten online und haben damit selbst keine Probleme. Die heutige Generation der Junglehrer ist bereits in die IT-Welt hineingewachsen und integriert Computer  im Zweifel viel selbstverständlicher in den Unterricht.



Doch nach wie vor geraten viele der Kernkompetenzen in den Hintergrund. Sich über Hardware und Software stets aktuell zu informieren, erfordert von Lehrkräften Einsatz und fällt den Schülern selbst sogar oft leichter. Ein großer Teil der Software ist selbsterklärend oder wird von Schülern intuitiv erschlossen. Ziel einer guten Ausbildung muss es demnach sein, Schülern zu vermitteln, wie eine fundierte Recherche betrieben wird und wie wissenschaftlich fundiert gearbeitet wird.
Dazu gehört es, Fachsuchmaschinen kennenzulernen, Suchdienste zu nutzen und eine Übersicht über alle Ergebnisse erstellen zu können.  Das Erstellen von korrekt formatierten Word-Dateien zählt ebenso dazu wie die Arbeit mit PDF-Dateien oder das Erstellen von Literatur- und Zitatverzeichnissen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, ist es allerdings nicht immer ausreichend, die etablierte Software zu nutzen. Die Anwendung von Freeware, Open Source Programmen, Online Tools und Cloud-Diensten ist unvermeidbar, wenn man seine Arbeitsweisen stets auf dem neuesten Stand halten will. Wissen über die Sicherheit dieser Dienste, deren Möglichkeiten und deren Risiken sind in der alltäglichen Praxis oft wichtiger als das Verstehen von Datenstrukturen und Programmiersprachen. Der Einsatz von Computern im Schulalltag ist auf Dauer unverzichtbar. Eine Aktion wie die der BBC ist für die Beseitigung dieser Defizite jedoch nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.   





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