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Text: aliya

„Kasachstan… Ja, ja, die Steppe. Bei euch reitet man doch auf Kamelen? Hattest du auch ein Kamel?“, diese Frage bekam ich einmal von einem Deutschen und die ist ziemlich typisch.



Ich sah ein Kamel nur ein einziges Mal in einem Zirkus. Ich war fünf Jahre alt und durfte auf das hohe Tier steigen, um ein Foto mit ihm zu machen. Auch die Steppe prägte mein Leben nicht mehr, als Rhein einen Kölner oder Schwarzwald einen Schwaben.



Vor allem bin ich ein Stadtmensch. Meine Stadt hat mehrere Tausende Einwohner. Das heißt, dass ich einen Bus oder ein Auto in meiner Heimatstadt benutze, um von A nach B zu kommen (und kein Kamel!).



Nach den Umwälzungen der 90er Jahre, als das Land unabhängig wurde, passierte viel. Die Stadt, die schon zur Sowjetzeit eine ganz gute Infrastruktur hatte (fünf bis neun-stöckige Mehrfamilienhäuser und einige Einfamilienhäuser, mehrere Schulen, Krankenhäuser, eine staatliche Universität), wurde teilweise modernisiert, bekam wie viele andere Städte dieser Welt Highspeed-Internet- und Mobilfunknetze. Seitdem die Menschen die Möglichkeit bekamen, ihre eigenen Businessideen zu verwirklichen, entstanden hunderte von Shops, kleinere und mittlere Betriebe.



Das Durchschnittgehalt in meiner Stadt beträgt 300 Euro pro Monat. Für einen Menschen aus dem Westen kann das als sehr wenig klingeln, wenn man sich nicht mit unserer Kultur auskennt. In Kasachstan sind die Schulen und Krankenhäuser kostenlos. Sehr viele Familien besitzen Eigentumswohnungen, weil die Eltern in der Sowjetunion fleißig gearbeitet hatten und diese von dem Staat kriegten. Viele besitzen eine Datscha (einen Schrebergarten), wo sie eigenes Obst und Gemüse, also eigene Bioprodukte ohne Pestizide ernten. Man hat keine monatlichen Kosten für Miete, Krankenversicherung, GEZ, Solidaritätszuschlag, usw. Alle Nebenkosten und selbst Sprit sind viel billiger, als in Deutschland.



Es gibt viele Familien, die in ihrer eigenen geerbten Wohnung leben, Bio-Lebensmittel von eigener Datscha essen und 300 Euro nur für warme Pelze einsparen. Die Pelze sind allerdings sehr wichtig, weil es im Winter sehr kalt sein kann. Es kann also sein, dass von einem Gehalt von 300 Euro in Kasachstan mehr bleibt, als von einem Gehalt von 2000 Euro in Deutschland, wenn man die steigenden Mieten hierzulande anguckt.

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