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"Wir sind alle nur Gurken"

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jetzt.de: Moritz, du bist Soziologe, Philosoph und Statistiker – kommt man mit so einer Studienkombi zwangsläufig auf lustige Ideen?
Moritz Trautner: Ich finde, die Idee liegt auf der Hand, wenn sich da irgendwelche Patrioten gegen die Übernahme des Abendlandes durch Muslime zusammenraufen. Wir nutzen natürlich das Stilmittel Parodie um zu zeigen, wie irrational die Ängste von Pegida sind. Aber ich begreife mich schon als Weltbürger und wenn man sich dann fragt, wovor man Angst haben kann, dann bleiben dann nur das Weltall und andere Planeten und Galaxien.

Es sind also nicht die von der CSU gefürchteten Rumänen oder die von  Pegida gefürchteten Muslime, die uns Arbeitsplätze wegnehmen könnten, sondern... Aliens?
Ist doch ganz klar! Ein Rumäne, der nach Deutschland kommt – wie soll der mir denn den Arbeitsplatz wegnehmen? Der hat auf dem Arbeitsmarkt ja viel schlechtere Chancen als ich, viel weniger Netzwerke und er ist der Sprache oft nicht so mächtig. Da droht wirklich keine Gefahr. Wenn aber ein Außerirdischer kommt, der mit Gedankenkraft Supermarktregale in Windeseile einräumt oder ein Fließbandarbeiter mit sechs Armen, das sind echte Gefahren für menschliche Arbeiter.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Cristiano Ronaldo ist eigentlich ein Alien, sagt Moritz von WEGÜDA (Weltbürger gegen die Übernahme durch Außerirdische).

Was wollen die Aliens denn hier?
Das weiß man natürlich nicht so genau, aber Hippie-Aliens, wie zum Beispiel die jamaikanischen Aliens, von denen ging noch nie ein Krieg aus. Aber die, die mit Schiffen in andere Länder fahren, die wollten immer erobern und besiedeln. Die Menschheit hat noch nie irgendwohin ein Schiff geschickt, um dort dann Freundschaft zu schließen oder sich kulturell auszutauschen! Es ging immer um Eroberung. Deswegen: Die Außerirdischen, die zu uns kommen oder schon da sind und als Schläfer auf der Erde leben, die wollen die Erde erobern. Vielleicht auch, weil sie ihren eigenen Heimatplaneten zu Grunde gerichtet haben.

Die Kontaktadresse auf euer Facebook Seite ist die NASA. Ist das eure Zentrale zur Verteidigung der Welt?
Das kann ich nicht bestätigen, aber dementiere es auch nicht...

Ihr schätzt, dass zwischen 0 und 0,8 Prozent Aliens auf der Erde leben - die Zuwanderung sei dabei seit Jahren konstant. Wen konnte man denn bislang schon entlarven?
Eindeutig konnte noch niemand entlarvt werden. Am meisten in Verdacht steht Cristiano Ronaldo, weil er unmenschlich Fußball spielt. Bei welchem Verein spielt er? Bei Real Madrid, die auch „die Galaktischen“ genannt werden. Darauf muss man achten ­– es gibt Signale, die muss man halt lesen können. Deswegen ist es auch eine große Unverschämtheit, dass er als Weltfußballer ausgezeichnet wurde. Das hätte nicht passieren dürfen, denn er stammt nicht von dieser Welt.

Gibt es noch jemanden, bei dem ihr so eine Ahnung habt?
Ja, diese Oertel da, von Pegida! Ich hab die in einer Talkshow gesehen und dann erfahren, dass sie Mitte dreißig ist. Das kann einfach nicht sein! Wir diskutieren hier natürlich viel, da kommen wir von Helene Fischer über Angela Merkel bis zu Dieter Bohlen. Der wird von Jahr zu Jahr jünger. Wie geht das denn? Das ist schon wie bei Benjamin Button: Das kann nicht menschlich sein. Und wenn irgendetwas nicht menschlich ist, dann bleibt nur außerirdisches Leben übrig.

Ihr sagt, die Aliens bekommen Unterstützung - vom „Lügenkino“ aus Hollywood. ET,  Mr. Spock, Alf - die sind entweder leicht besiegbar, zu Verhandlungen bereit oder sogar ganz friedlich eingestellt.
Außerirdische wollen erobern. Ich kenne keinen Kinofilm, in dem am Ende die Außerirdischen gewinnen und die Menschheit aufgefressen oder versklavt wird! Es gewinnen immer die Menschen, und selbst bei "Mars attacks!", wo die Menschen klar unterlegen sind, gewinnen sie am Ende trotzdem – durch Busse mit Volksmusik, die durch die Gegend fahren und den Aliens die Köpfe platzen lassen. Das ist doch total unrealistisch!

Bislang habt ihr 46 Facebook-Likes. Sieben Leute wollen zur Demo heute Abend am Frankfurter Tor in Berlin kommen.
Wir haben natürlich noch andere geheime Quellen, die von Außerirdischen nicht so leicht zu überwachen sind wie Facebook. Diese sieben Anmeldungen sind Tarnung und sollen die Außerirdischen davon abhalten, eine größere Gegendemo zu starten. Das Ziel ist, dass wir 150 Leute werden, sodass die Polizei die Karl-Marx-Allee sperren muss. Das wäre ein schöner Erfolg. Wir wollen nämlich verkünden: „Wir sind die Welt. Wir sind die Menschen“- wie das schon der große Philosoph Michael Jackson sagte. Wir haben nur einen Planeten, die Erde, und den lassen wir uns nicht wegnehmen.

Sind noch weitere Montagsdemos geplant?
Nein, es soll kein regelmäßiger Termin werden, sondern ein Zeichen. Ich könnte mir vorstellen, dass man das jeden Rosenmontag in Berlin macht. Es waren harte Verhandlungen mit der Polizei, inwieweit man sich überhaupt verkleiden darf, weil ja das Vermummungsverbot gilt: Also wenn man sich als Tiger schminkt oder als Pirat mit Augenklappe mitdemonstriert, dann  könnte das dagegen verstoßen – dabei ist doch Rosenmontag.

Elektro-magnetische Strahlung und Katy Perrys Song "E.T." locken eurer Meinung nach Außerirdische an. Was wird denn auf den Schildern zu sehen sein, die ihr auf die Demo mitnehmt?
Wir wollen ein Bewusstsein schaffen und sagen: Wehret den Anfängen! Kornkreise zum Beispiel sind nur der Beginn. Den Aliens, die schon auf der Erde sind, muss ein klares Zeichen entgegengesetzt werden mit „Aliens go home“. Die Bevölkerung wollen wir mit Sprüchen wie „Kein Asyl für Aliens“ und „Keine Macht für Außerirdische“ aufrütteln.

Die Erde ist ja euer absoluter Lieblingsplanet. Wenn sich die Völker im Kampf gegen die Aliens verbünden würden, wären Kriege wie in der Ukraine sinnlos?
Natürlich – und das ist auch genau das Ziel: Dass der Ukrainer und der Russe begreifen, dass sie genau derselbe Quatsch mit Soße sind wie wir alle. Wir sind alle nur Gurken! Die eine ist nach rechts gebogen, die anderen nach links, die einen sind grüner, die anderen gelber, die einen ein bisschen größer, die anderen etwas kleiner. Aber wir sind alle Gurken! Im Spiegel mit den Außerirdischen können wir erkennen, wie ähnlich wir uns sind, dass wir gemeinsame Interessen haben und diese dann auch verteidigen.

Wir machen also die Erde dicht, suchen uns einen Feind in einem anderen Kosmos und dann haben wir eine einzige Gesellschaft nach Luhmanns philosophischen Ideal?
Das ist ein Ziel, auf das wir zuarbeiten sollten. Wir werden bestimmt Jahre brauchen. Aber irgendwann muss man ja mal anfangen.

WEGÜDA-Demonstration am Montag, 16.2., in Berlin. Beginn um 18:30 Uhr am Frankfurter Tor.

Text: lisa-bruessler - Foto: ap/Lisa Prankl

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