Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Zu jung - zu alt (1)

Teile diesen Beitrag mit Anderen:


Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


...für eine Kurzhaarfrisur. Meine Mutter sagte einmal, dass sich Frauen Kurzhaarfrisuren schneiden lassen, wenn sie älter werden. Und das stimmt einfach in ganz vielen Fällen. Am besten noch Frisuren, die immer auf die gleiche Weise geföhnt oder gelegt werden müssen. Bei der Oma einer Freundin ist das so: Die geht einmal in der Woche zum Friseur und schläft dann mehr oder weniger im Sitzen, damit die Frisur auch wirklich eine Woche hält. Und das macht sie wohl schon seit Jahrzehnten. Dieses Bild hat sich bei mir so festgesetzt, dass ich immer lange Haare haben wollte. Ich beziehe diese Regel allerdings nur auf mich selbst. Ich habe noch nie eine junge Frau mit kurzen Haaren gesehen und gedacht: Mann, sieht die alt aus! Eher im Gegenteil. Aber wenn ich mir die gleiche Frisur dann bei mir vorstelle: geht gar nicht. Wahrscheinlich ändert sich meine Vorstellung, wenn ich zu alt für den Pferdeschwanz bin. Der ist im Gegensatz zur Kurzhaarfrisur nicht erst ab einem gewissen Alter tragbar, sondern hat ein Verfallsdatum.


Default Bild

„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



 ...um „Sternenfänger“ zu sehen. Ersetze „Sternenfänger“ auch mit „Abschlussklasse“, „Schule“, „Crazy“ oder „10 Dinge, die ich an dir hasse“. Eben alles, was ich vor zehn Jahren auf VHS-Kassette aufgenommen und in Dauerschleife geschaut habe. Es ist nicht so, als fände ich diese Filme und Serien nicht mehr gut. Ich kann sie nur nicht mehr genießen, weil ich geschockt bin, dass ich nicht mehr die Zielgruppe, sondern älter als die Protagonisten bin. Mir kommt es vor, als hätte ich an einem Tag noch bei meinen Eltern im Wohnzimmer gesessen und mir vorgestellt, wie es sein wird, wenn ich erst mal so alt und cool wie Nora Tschirner bin, oder wie lässig das Leben in der Abschlussklasse sein muss. Und nun sitze ich hier, Abschlussklasse vorbei, Studium bald vorbei, Jugend neigt sich auch dem Ende zu – und es war einfach nicht so spannend, wie ich mir das vorgestellt habe, und so cool wie Nora Tschirner damals war ich auch nie. Natürlich könnte ich die Serien und Filme noch aus Nostalgiegründen schauen. Aber das Gefühl des Betrugs sitzt zu tief.


Text: teresa-fries - Foto: Teresa Fries

  • teilen
  • schließen