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Die Tragödie des Älterwerdens pt. 2

Text: peachyyy

Ist ja klar, dass Silvester wie jedes Jahr scheiße war und nicht mal die schiefsitzenden Partyhüte und die Tröten das Fest lebensbejahender gestalten konnten.
Früher als ich noch cool war, fand ich Silvester immer geil, weil das ein Anlass zum Alkoholkonsum ist. Das Beschissene am Nichttrinken ist ja, dass man sich die Party nicht schön oder sich selbst bewusstlos saufen kann.  Das war damals auch alles anders. Da hat man sich getroffen und hat sich Bier und Sekt in den Hals reingekippt und anspruchslose Witze gegrölt und im Laufe des Abends hat man mindestens einmal gebrochen, aber nur um nochmal Platz für mehr Sprit im Bauch zu schaffen.
Da war auch Erbrechen an sich noch witzig. Klar hat man aus Solidarität mitgekotzt und dann hat man nostalgisch daran zurück gedacht, als sich die Kotzgeräusche von Tim angehört haben wie die Truthähne bei Southpark Laute von sich geben. Zusammengefasst: Alte Geschichten, Alkohol und schlechte Witze und jeder war einfach zufrieden. Party war trotzdem scheiße, aber hey, Saufen und Brechen. Wenn man sich heutzutage noch erbricht dann hat man auf jeden Fall ein Alkoholproblem und sich damit brüsten geht auch nicht mehr, geschweige denn Neujahrsgrüße mit Kotzbildanhang verschicken.



Nun denn. Bei allen Vorzügen einer Erwachsenenbeziehung gibt es doch ein paar Nachteile. Dann nennt man sich plötzlich Gastgeber und Gäste sind geladen. Dann reichen einfach Chips als Snack für nebenbei nicht aus und ne Bottleparty solls nich mehr sein. Wohlfühlen will man sich. Dem Gast einen unvergesslichen Moment bereiten. Dann kredenzt man gemeinsam zu einem Glas Rotwein und diskutiert die Geschehnisse der politischen Lage wobei ich doch eigentlich lieber von der Reportage über die neue Droge Krokodil erzählen will, in der sogar die abgefucktesten Cracknutten berichten,  wer denn so krank sei, sich Krokodil zu spritzen. Oder die Geschichte, dass Parasiten daran Schuld haben, dass ich manchmal auf der Autobahn das dringende Bedürfnis habe, in die Leitblanke zu fahren.
Bleigießen darf natürlich auch nicht fehlen und ich gebe mir alle Mühe in jedem gegossenen Teil den Tod, den Teufel, einen Penis oder Hakenkreuze raus zu lesen. Keine Begeisterung auf der anderen Seite. Wann hat die Zeit aufgehört, als Penisse und Hakenkreuze auf den Block von anderen zu malen noch unfassbar witzig war? Das Leben ist echt ein Trauerspiel.



 Nach dem Feuerwerk hab ich echt keinen Bock mehr auf sinnvolle Gespräche, ich will versuchen mit meiner mitreißenden Art die Menschen davon zu überzeugen, mit mir auf die Metalparty zu gehen, aber weil ja alle erwachsen sind und sich vor nem Kater fürchten und weil am 01.01  ja auch noch sooooo krass viel erledigt werden muss, geh ich alleine mit ner Freundin, der Rest bleibt auf ein Mineralwasser zu Hause sitzen. Loser.
Unterwegs fängt die Freundin an zu schwanken und redet zusammenhanglose Scheiße, weil auch an ihr vorübergegangen ist, dass man sich in unserem Alter nicht auf den total besoffenen Schädel ne Tüte reinknallt, weil die Brechgefahr zu groß wird und Brechen ja out ist. Mich nerven ihre scheiß Liebesbekundungen und die körperliche Nähe auch so intensiv, dass ich Lust habe sie bewusstlos zu schlagen, aber da ich merke, dass es mit ihr von selbst zu Ende geht, lass ich das und schleif sie in ihr zu Hause, wo sie mit Klamotten und Schuhen ins Bett krabbelt und ich bewundere sie für Ihre Rebellion gegen das gesittete Trinken und vermisse Alkohol.



Um 2 Uhr sitze ich alleine an der Theke der Metalparty und schaue peinlich gekleideten Menschen dabei zu, wie sie zu KILLING IN THE NAME OF ihre Zöpfe durch die Gegend werfen und hab keinen Spaß. Ich geh dann heim  und find das plötzlich sau geil wie spießig alle sind, weil von dem gekochten Essen sind Reste da, die ich mit verständlicherweise alle einfahre und ich knall mich aufs Sofa, gucke Vikings und freue mich, dass ich morgen keinen Kater habe.

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